Jede dritte Ehe wird laut Statistik geschieden. Trotzdem muss nicht jede Scheidung in einem Rosenkrieg enden. Eine faire Trennung gelingt, wenn beide Partner vorab einige wesentliche Punkte klären.
Text: Eva Neuthinger
Ziel einer jeden Trennung sollte sein, die gemeinsame Zeit ohne Scheidungskrieg zu beenden. „Dazu steht schon sehr viel im Gesetz. Man muss sich nicht bis zum Gericht streiten“, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Behlau aus Heidelberg. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist mehr oder weniger genau geregelt, unter welchen Bedingungen eine Ehe geschieden wird. Außerdem steht dort, wie die Vermögensaufteilung erfolgen kann. Nur wer davon abweichen will, braucht eine individuelle Lösung.
Behlau empfiehlt Paaren, im ersten Schritt die eigene Situation zu analysieren, Unterlagen wie etwa die Gehaltsabrechnungen zu sammeln, eine Vermögensaufstellung anzufertigen und sich vorab zu überlegen, wer was bekommt. „Ein Rechtsanwalt kann von Beginn an unterstützen, wobei nicht zwingend beide Partner ihren eigenen Beistand brauchen“, erklärt Behlau.
Oft findet sich recht schnell eine Lösung, mit der jede Partei zufrieden sein kann. Zumindest ein Rechtsanwalt ist Pflicht – so sieht es das Gesetz vor. „Man darf sich später vor dem Familiengericht nicht selbst vertreten“, sagt Rechtsanwältin Heidi Regenfelder von der Kanzlei Ecovis in München. Nur ein Anwalt darf eine Scheidung einreichen.
Bei der Scheidung an die Kinder denken
Eltern klären am besten vorab für sich, wie sie Sorgerecht und Umgangsrecht für die Kinder regeln wollen. „Kein Elternteil kann gegen den Willen des Partners bestimmen. Falls es zu Konflikten kommt, lässt sich dies mit einer gemeinsamen Beratung, etwa beim Jugendamt, klären. Sonst kann das Familiengericht das letzte Wort haben“, so Behlau.
Dann kommt das Finanzielle. Kompliziert wird es manchmal bei den Rentenansprüchen. „Sie sind oft der Grund, warum ein Scheidungsverfahren sich über Jahre hinziehen kann“, sagt Behlau. Mitunter dauert es, bis die Unterlagen vorliegen. Per Gesetz soll jeder Partner die erworbenen Anwartschaften der gesetzlichen Altersvorsorge plus die Ansprüchen aus Betriebs- oder Riester-Renten zur Hälfte erhalten.
Man kann aber vertraglich etwas anderes vereinbaren. Das diskutieren die Paare vorab. In der Regel erfolgt dies über eine Ausgleichszahlung oder Vermögensübertragung. Dann erhält etwa einer der Partner das Haus und verzichtet auf die Rente des anderen.
Daraus ergeben sich zumeist Verflechtungen zum sogenannten Zugewinnausgleich. Hier werden das Anfangs- und das Endvermögen der Eheleute vor der Heirat und zum Zeitpunkt der Scheidung verglichen. „Wer mehr Vermögen in der Ehe hinzugewonnen hat, muss dem anderen den Unterschiedsbetrag überweisen“, sagt Behlau.
Streitpunkt Immobilie
Knifflig wird es oft bei Immobilieneigentum. Soweit das Objekt nur einem gehört, bleibt derjenige nach der Scheidung der Eigentümer. Er muss den Partner im Rahmen des Zugewinnausgleichs nur auszahlen. Anders sieht es aus, wenn beide im Grundbuch stehen. Dann müssen sich die Eheleute über die Verwendung der Immobilie einigen.
„In der Theorie ist das leider einfacher als in der Praxis. So muss beim Zugewinnausgleich auch oft sehr aufwendig geklärt werden, wie Schenkungen und Erbschaften während der Ehe zu berücksichtigen sind. Kleinigkeiten führen manchmal zu langen Diskussionen, etwa, wie viel das Auto noch wert ist“, sagt Behlau. Wenn die Fetzen fliegen, greift er ein und fragt, welcher Wert für beide akzeptabel wäre. „Häufig findet man einen Kompromiss“, berichtet er.
Das Honorar des Rechtsanwalts bemisst sich in der Regel nach dem Streitwert und nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. „Es wird nicht teurer, wenn die Mandanten häufig Kontakt zum Rechtsanwalt haben oder wenn er sehr viele Briefe zu schreiben hat. Die Basis des Honorars ist der Gegenstandswert“, so Behlau. Der ergibt sich aus der Summe der Vermögenswerte, den Unterhaltsleistungen sowie etwa den Rentenansprüchen.
Ein Beispiel: Haben die Eheleute ein Nettoeinkommen von zusammen 3500 Euro im Monat, dann ergibt sich ein Gegenstandswert von 10.500 Euro. Die Anwaltsgebühren belaufen sich auf 1655 Euro plus Umsatzsteuer. Kommen noch Unterhaltsleistungen in Höhe von 500 Euro monatlich dazu, über die der Richter entscheidet, bekommt der Rechtsanwalt zusätzlich 260 Euro plus Mehrwertsteuer.
Die Gerichtskosten sind dabei nicht mitgerechnet. Das Gericht entscheidet letztlich nur über den Scheidungsantrag. Alles andere kann von den Eheleuten einvernehmlich geregelt werden. Falls das nicht möglich ist, muss Klage eingereicht werden.
Ruhe bewahren: Praktische Tipps für Scheidungswillige
Rechtsanwalt Wolfgang Behlau führt bei Facebook eine Gruppe zum Familienrecht mit über 5000 Mitgliedern. Er hat sie gefragt, welche Tipps sie zur Scheidung geben. Hier eine Auswahl.
- Ruhe bewahren: Ziel ist es, möglichst viel vorab ohne Gericht schriftlich zu regeln. Gegebenenfalls bedarf die Einigung einer notariellen Beurkundung.
- Pausen einlegen: Viele Paare diskutieren ewig über ihre Vergangenheit. Das bringt nichts. Legen Sie Pausen ein, wenn das Gespräch zu unfreundlich wird.
- Kopien ziehen: Alle wichtigen Unterlagen sollten vorab kopiert oder fotografiert werden. Jeder sollte ein Exemplar haben.
- Harmonie vorleben: Kinder sollten die Auseinandersetzungen nicht mitbekommen. Gibt es Streit um die Kinder: bei einer Beratungsstelle Hilfe suchen. Kinder nie als Druckmittel nutzen.
- Sich beraten lassen: Scheidungswillige sollten einen Anwalt konsultieren.
- Auf dem Teppich bleiben: Es ergibt keinen Sinn, sich über Kleinigkeiten wie den Wert des Hausrats zu streiten.
- Ziele setzen: Viele denken nur daran, was kurz nach der Scheidung passiert. Das macht oft Angst. Besser: überlegen, wie man in zwei Jahren leben will.
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