Das nachhaltige Stellenportal Greenjobs.de erhielt im November 2023 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 in der Kategorie „Personalvermittlung“. Das S-Quin-Magazin sprach dazu mit Geschäftsführer Jan Strohschein. Das Interview führte Gunnar Erth.
S-Quin: Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Deutschen Nachhaltigkeitspreises?
Jan Strohschein: Für uns ist es ganz toll, dass wir den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Personalvermittlung gewonnen haben. Das verschafft uns auf jeden Fall zusätzliche Aufmerksamkeit und ist eine großartige Bestätigung unserer Arbeit.
S-Quin: Was unterscheidet Greenjobs von anderen Jobbörsen? Was ist ihr Profil?
Was Grüne Jobs in den Bereichen Umwelt und Klimaschutz angeht, sind Sie bei uns beim Original, wir machen das schon seit 23 Jahren! Es gibt inzwischen viele Portale für nachhaltige Jobs und alle unterscheiden sich voneinander etwas im Profil. Wir wollen den Bereich Umweltschutz im weitesten Sinne adressieren. Das umfasst ingenieur- und naturwissenschaftliche Bereiche wie Erneuerbare Energien, Abfallbehandlung, Abwasserbehandlung, klassischer Umweltschutz wie Gutachterbüros, Landschaftsplanung und Biotoptypenkartierung, aber auch zum Beispiel Waldkindergärten. Andere Jobbörsen haben weniger technische Stellen und mehr „Wohlfühljobs“ mit Sinn, bei denen es vor allem darum tut, etwas Gutes zu tun. Natürlich ist das auch unser Antrieb, wir wollen alle die Welt retten, aber der Schwerpunkt ist ein anderer. Was wir nicht machen: Jobs im sozialen Sektor – nicht, weil wir die nicht wichtig finden würden, sondern weil wir einen klaren Fokus haben wollen.
S-Quin: Sie haben das Stichwort „Jobs mit Sinn“ erwähnt. Spielt das tatsächlich eine große und wachsende Rolle bei Arbeitnehmern? Können sich Arbeitgeber mit nachhaltigen Jobs von anderen unterscheiden?
Ja, würde ich schon sagen. Ich höre es persönlich und es gibt auch entsprechende Studien, dass Menschen Arbeit mit mehr Sinn haben möchten, mit einer positiven, nachhaltigen Auswirkung – egal ob im Bereich Umwelt oder für die Gesellschaft. Wenn man hier als Arbeitgeber ein entsprechendes Geschäftsmodell, Produkte oder Dienstleistungen mit Sinn und nachhaltigem Effekt hat, dann kann man bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern punkten. Gerade bei Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern ist dies ein starkes Thema.
S-Quin: Ist das Angebot an entsprechenden Jobs in Ihrem Portal in den letzten Jahren gestiegen?
Die Anzahl der Stellen ist bei uns über die Jahre kontinuierlich gewachsen. Das liegt sicher daran, dass es mehr Stellen mit Nachhaltigkeitscharakter gibt; zum Teil allerdings auch daran, dass unsere Nischen-Jobbörse immer bekannter geworden ist. Aber natürlich: Das Segment Grüne Jobs wächst, weil Unternehmen erkennen, dass es wichtig ist in dem Bereich zu handeln. Zudem wird der Bereich Erneuerbare Energien aufgrund der Klimaziele von der Politik stark unterstützt, auch mit Förderprogrammen.
S-Quin: Können Sie Beispiel für besonders gefragte Grüne Jobs nennen?
Ja, Planungsbüros beklagen sich zum Beispiel, dass sie keine neuen Landschaftsplanerinnen und Landschaftsplaner mehr finden. Ein Grund: Viele Jobs im Bereich Erneuerbare Energien haben mit Flächen zu tun – etwa für Windparks oder Solaranlagen. Wenn man in die Fläche geht, hat man immer Nutzungskonflikte mit anderen. Da kommen dann klassische Grüne Jobs zum Tragen, wie etwa Landschaftsplanerinnen und Raumplaner-, die die Flächennutzungspläne erstellen. Da ist der Bedarf unglaublich groß. Die Auftragsbücher sind voll, aber die Hochschulen bilden bei weitem nicht genug Absolventinnen und Absolventen aus.
S-Quin: Haben Sie weitere Beispiele?
Neben dem Planungsbereich fällt mir spontan das Handwerk ein, dem bei der Energiewende eine wichtige Rolle zufällt. Das Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk etwa installiert heute auch Photovoltaikanlagen auf dem Dach oder Wärmepumpen im Keller. Auch der Wartungsmarkt ist bei Wind- und Solaranlagen riesig.
S-Quin: Was ist ein Green Job – und wo sind die Grenzen? Fällt darunter auch ein Bürojob in einer Firma für nachhaltige Produkte? Oder eine Firma, die sich hohe Nachhaltigkeitsstandards setzt?
Greenwashing ist auch für uns ein schwieriges Feld. Wir lehnen auch Stellenanzeigen ab, wenn sie unsere Kriterien nicht erfüllen. Diese beiden Kriterien sind: Erstens, erfordert das Jobprofil an sich eine grüne Qualifikation? Bei einem Umwelttechniker, einer Ingenieurin für Batteriespeichertechnologie oder einer Erzieherin im Waldkindergarten ist das einfach. Zweitens, hat das Unternehmen oder der Verband sein Tätigkeitsfeld hauptsächlich im Umweltbereich? Ein Ökostromanbieter, der vielleicht sogar selbst Windräder errichtet, ist für uns ein grüner Arbeitgeber. Und dort ist für uns jeder Job ein grüner Job, auch im Marketing oder der Buchhaltung. Damit kommen wir auch den Wünschen vieler Jobsuchenden nach, die vielleicht BWL studiert haben und ihre Dienste einem grünen Arbeitgeber zur Verfügung stellen wollen.
S-Quin: Ist die Einordnung nach diesen Kriterien immer einfach?
In geschätzt 98 Prozent der Fälle schon. Es gibt aber schon knifflige Fälle, insbesondere im Bereich Landwirtschaft. Wann ist Landwirtschaft nachhaltig und grün? Der Deutsche Bauernverband würde sicher sagen, dass in der Landwirtschaft jeder Job grün sei. Wir sehen das anders. Sobald es zum Beispiel Massentierhaltung gibt, ist das nicht mehr nachhaltig und umweltschonend. Allerdings gibt es auch Fälle, die nicht so klar sind. Der kleine Bauernhof im Schwarzwald mit Milchviehwirtschaft und 25 Kühen, der aber nicht biozertifiziert ist. Kann der grüne Job bieten? Wir sagen ja, denn der Betrieb macht Landschaftspflege und erhält die gewachsene und nachhaltige Kulturlandschaft.
S-Quin: Haben Sie noch ein Beispiel?
Ein anderes Beispiel ist Corporate Social Responsibility, etwa Nachhaltigkeitsmanagement in einem Konzern. Falls hier tatsächlich Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte im Vordergrund stehen, nehmen wir das Stellengebot rein. Wir sehen hier nicht die Gefahr eines Greenwashing, denn wenn Unternehmen sich ein nachhaltiges Image verpassen will, dann machen sie eher eine Marketingkampagne als eine Nachhaltigkeitsmanagerin einzustellen. Übrigens schauen sich viele Jobsuchende unsere Stellenangebote kritisch an und melden sich, wenn sie stellen für nicht nachhaltig halten. Wir setzen uns dann damit auseinander. Ein solcher Fall sind große Energiekonzerne. Auch hier sind wir großzügig, denn die Energiewende kann man nicht nur mit den kleinen Firmen und smarten Start-ups schaffen; die sind wichtig und auch Vorreiter und wir haben sie sehr gerne in unserem Portal dabei. Aber wir werden das Riesenthema Transformation nicht ohne die etablierte Wirtschaft stemmen können.
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