Die Preise für gebrauchte Automobile sind in den vergangenen zwei Jahren in die Höhe geschnellt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, wie man beim Gebrauchtwagenkauf Geld sparen kann.
Text: Wolfgang Hörner
Veränderte vorzeichen. Bis vor wenigen Jahren war die Sache noch relativ einfach: Wer sich einen Neuwagen leisten konnte oder wollte, der bestellte beim Händler sein ganz persönliches Exemplar. Wer dagegen keinen Wert darauf legte, Erstbesitzer zu sein, oder nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügte, der kaufte ein Fahrzeug aus zweiter Hand.
Doch inzwischen hat sich das Bild völlig gewandelt. Nur gut zwei Jahre waren nötig, um den Automobilmarkt kräftig umzukrempeln. Um mehr als 20 Prozent legten die durchschnittlichen Gebrauchtwagenpreise in dieser Zeit zu, während gleichzeitig das Angebot immer kleiner wurde – schwierig für alle, die auf der Suche nach einem preiswerten, aber soliden Gebrauchtwagen sind. Dass sich der Markt so rapide verändern konnte, ist mehreren Faktoren geschuldet. So stieg als Folge der Coronapandemie und der verhängten Lockdowns die Nachfrage nach Gebrauchtwagen. Viele Menschen mieden bewusst öffentliche Verkehrsmittel und stiegen wieder auf ein Auto um – vorzugsweise auf schnell verfügbare Gebrauchtwagen im eher günstigeren Preissegment.
Viele Faktoren führten zur Verteuerung
Doch auch viele, die sich für einen Neuwagen interessierten, schwenkten plötzlich auf Exemplare aus Vorbesitz um. Angesichts langer Lieferzeiten wollten sie nicht warten. Sie entschieden sich für Gebrauchtfahrzeuge und dabei tendenziell für jüngere, eher teurere Modelle.
Chipmangel, Krieg und E-Mobilität verursachen Neuwagenmangel
Waren für das Problem der langen Lieferzeiten zunächst nur der Chipmangel und unterbrochene Logistikketten verantwortlich gewesen, brachte der Krieg in der Ukraine die Automobilproduktion durch Materialengpässe weiter ins Stocken. Und zu guter Letzt spielte auch die Elektromobilität eine wichtige Rolle. Viele Käufer, die noch nicht auf ein E-Auto umsteigen, andererseits auch nicht viel Geld in die auslaufende Technologie des Verbrennungsmotors stecken wollten, überbrückten die Zeit lieber mit einem Gebrauchtwagen.
Junge Leute, sei es in der Ausbildung, während oder nach dem Studium, sowie Berufseinsteiger sind typische Gebrauchtwagenkäufer. Günstig soll es dann vor allem sein, auch im Unterhalt. Ähnlich sieht die Situation oft auch bei Paaren oder Familien aus, die sich einen Zweitwagen anschaffen wollen. Für beide Gruppen sind meist kleinere Fahrzeuge interessant.
Doch ausgerechnet dieses Segment ist vom Preisanstieg besonders betroffen. Das Autohandelsportal Autoscout 24 ermittelte im Oktober 2022 einen Durchschnittspreis für Kleinwagen von 14.891 Euro – und damit einen weiteren Anstieg. Zum Vergleich: Im Jahresmittel 2021 hatte der durchschnittliche Preis in diesem Segment bei 11.562 Euro gelegen und damit schon um fast 12 Prozent über dem Vorjahresniveau. Gleichzeitig verknappte sich das Angebot massiv – allein 2021 um fast 20 Prozent.
Es hilft nichts, aber wer gegenwärtig einen gebrauchten Kleinwagen sucht, muss tief in die Tasche greifen. „Ein Ende des Preisanstiegs ist kurzfristig nicht in Sicht“, erklärt Stefan Schneck, Vertriebschef Deutschland bei Autoscout 24. Die allgemein stark gestiegenen Lebenshaltungskosten führen auch dazu, dass Kaufentscheidungen vertagt werden – auch bei jenen, die einen Kleinwagen zum Verkauf anbieten könnten. Aufgrund der Lage entscheiden sich aber auch zunehmend Käufer aus dem nächsthöheren Preissegment zum Sparen. Das bedeutet, dass sie sich ebenfalls im Kleinwagensegment umschauen und zusätzliche Nachfrage erzeugen.
Bewegung bei größeren Modellen
Nicht ganz so düster sieht es in der Mittelklasse aus, also im Segment der Fahrzeuge, die typischerweise auch von Familien als Erstwagen gefahren werden. Hier hat sich der Preisanstieg verlangsamt. Mit einem durchschnittlichen Preis gemäß Autoscout 24 von 27.364 Euro ist das Preisniveau aber immer noch sehr hoch. 2021 lag es bei 22.891 Euro. Allerdings ist dies ein Segment, das durch den hohen Anteil an betrieblich genutzten und damit oft geleasten Fahrzeugen ständig Zulauf durch Leasingrückläufer erhält. Das gilt auch für die in dieser Größe verfügbaren, äußerst populären SUV.
Über fast alle Segmente hinweg sind ganz junge Gebrauchte – Tageszulassungen und Vorführwagen – außergewöhnlich teuer. Der Grund ist ihre sofortige Verfügbarkeit im Unterschied zu den langen Lieferzeiten von Neuwagen. Auch die relativ restriktive Strategie von nur geringen Preisnachlässen auf Neuwagen macht vorhandene Fahrzeuge attraktiv.
Angesichts der äußerst schlechten Absatzzahlen von Neuwagen in Deutschland im Jahr 2022 ist aber zu vermuten, dass Hersteller künftig wieder großzügiger bei Neuwagenverkaufsabschlüssen sein werden. Erst dann ist wieder mit einer gesteigerten Attraktivität – also gesunkenen Preisen – für ganz junge Gebrauchte zu rechnen.
Gebrauchte E-Autos weniger gefragt
Bleiben noch die Elektroautos. Ihr Angebot nimmt auf dem Gebrauchtwagenmarkt deutlich zu, wobei das Preismittel von über 48.000 Euro wesentlich von den Premiummodellen getragen wird. Weil der Kauf gebrauchter Elektrofahrzeuge nicht staatlich gefördert wird, sind hier inzwischen sinkende Preise festzustellen. Hinzu kommt, dass sich viele potenzielle Käufer Sorgen um den Zustand der Batterie mache.
Doch in diesem Punkt gibt der ADAC Entwarnung: Die meisten Hersteller geben eine achtjährige Garantie darauf, dass die Batteriekapazität zu mindestens 70 Prozent erhalten bleibt. Der ADAC ermittelte für fünf Jahre alte Modelle sogar gute 86 Prozent. Und weil die Garantie fahrzeuggebunden ist, darf sich auch ein Gebrauchtwagenkäufer über das Versprechen des Herstellers freuen.
Sparen beim Kaufen
Auch wenn der Markt angespannt ist: Mit ein paar Grundregeln lässt sich Geld sparen.
- Nehmen Sie sich Zeit: Wer rasch zum nächsten Autohändler fährt oder meint, am Wochenende „mal schnell“ ein Auto zu kaufen, macht selten ein Schnäppchen.
- Informieren Sie sich: Auch wenn ein Auto ein Gebrauchsgegenstand ist, läuft der Kauf nicht wie bei einem Kühlschrank oder anderen Elektrogerät ab.
- Finden Sie Alternativen: Wenn Ihnen ein bestimmter Autotyp vorschwebt, dann googeln Sie mit dem Stichwort „Vergleich“ nach ähnlichen Modellen. Das gibt Ihnen bei der tatsächlichen Fahrzeugsuche und dem Kauf mehr Freiheiten.
- Schauen Sie sich den Markt an: Mobile.de und Autoscout24.de sind Deutschlands größte Gebrauchtwagenportale. Gängige Modelle finden sich dort tausendfach. Wenn Sie besonders billige und teure Angebote ausklammern, bekommen Sie eine erste Vorstellung vom Preisgefüge. Wenn Sie dann weitere Filter aktivieren, etwa Baujahr, Laufleistung oder Ausstattung, erhalten Sie eine recht realistische Preissituation.
- Bleiben Sie flexibel: Wechseln Sie bei der Suche Modelle, Motorisierung oder Standort. Gebrauchtwagenpreise sind stark von der Region abhängig.
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