Ausbildung und Studium: Auf dem Arbeitsmarkt sind Nachwuchskräfte, die beides bieten, sehr gefragt. Mit einem dualen Studium wird das Ziel schnell erreicht. Welche Angebote es gibt.
Text: Eva-Maria Neuthinger
Stefanie Plum hat ihren Bachelor fast in der Tasche. Ihre Abschlussarbeit hat sie gerade abgegeben. „Ich habe ein Thema gewählt, mit dem ich mich auch beruflich beschäftige“, erklärt sie. Das war für die Studentin perfekt, „weil ich mich so tiefer einarbeiten konnte, als es mein Arbeitstag sonst zulässt“.
Die 24-Jährige absolviert an der Bonner Hochschule für Finanzwirtschaft & Management den Studiengang Finance. Gleichzeitig ist sie als Ausbilderin in der Abteilung Berufliche Bildung der Sparkasse Aachen tätig, bei der sie zuvor schon eine Ausbildung zur Bankkauffrau abgeschlossen hatte. „Die doppelte Belastung erfordert Selbstorganisation und Disziplin, bringt aber auch täglich spannende Herausforderungen mit sich“, sagt Plum.
Die Sparkasse Aachen bietet engagierten Nachwuchskräften die Möglichkeit, parallel zur Ausbildung oder im Anschluss ein Studium bei der Hochschule zu beginnen. „Das ist für viele Bewerberinnen und Bewerber sehr interessant. Der Arbeitgeber finanziert das Studium an der privaten Hochschule, und gleichzeitig verdient man bereits Geld“, so Plum.
Belastbarkeit ist Voraussetzung
Rund 10 Prozent der Auszubildenden der Sparkasse Aachen nutzen dieses Angebot. Vorher durchlaufen sie ein Bewerbungsverfahren. „Eine hohe Lernbereitschaft, Auffassungsgabe und ein gutes Zahlenverständnis sind wichtig für das Studium“, so Plum. Außerdem müssten die Studierenden belastbar sein. „Gerade vor den Klausuren bleibt wenig Freizeit“, erklärt sie. Allerdings stellt die Sparkasse die Mitarbeitenden in den stressigen Wochen teilweise frei, genauso wie für die Präsenzkurse und Klausuren. „Das duale Studium ist für die Sparkasse sehr interessant, da wir die hoch qualifizierten Absolventen gut brauchen können“, sagt Plum.
Neben Sparkassen bieten viele weitere Unternehmen ihrem Nachwuchs diese Form der Ausbildung an. Vor allem die Nähe zur Praxis gilt dabei als großes Plus. Laut einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung in Gütersloh gemeinsam mit dem Nürnberger Forschungsinstitut Betriebliche Bildung schnellte die Zahl der Studierenden, die diesen zweigleisigen Weg gehen, innerhalb von 15 Jahren um das Vierfache in die Höhe. Der Anteil der dual Studierenden liegt nach Zahlen des Statistischen Bundesamts aktuell bei 4,2 Prozent aller Studentinnen und Studenten.
Große Unterschiede bei der Entlohnung
Das Angebot variiert je nach Bundesland. In Bayern ist bereits jeder fünfte Studiengang dual konzipiert, in Sachsen-Anhalt oder Bremen ist es nicht einmal jeder zwanzigste. Zumeist engagieren sich hier die Fachhochschulen oder Berufsakademien mit den Fächern Wirtschafts-, Gesundheits- und Ingenieurwissenschaften. In der Regel enden die Angebote mit dem Bachelor, einen Master bieten nur wenige Institute an. Große Unterschiede zeigen sich auch bei der Entlohnung: Im Saarland geben die Unternehmen für ein duales Studium ihrer Mitarbeitenden im Schnitt 627 Euro im Monat aus. Mit 1115 Euro monatlich lassen sich Firmen in Hessen diese Bildung deutlich mehr kosten.
Studienleiterin Sigrun Nickel rät Bewerbern, bei ihrem dualen Studiengang vor allem auf klare Vereinbarungen zwischen der Hochschule und ihrem Arbeitgeber zu achten. „Es sollte geregelt sein, wie viel Zeit jeweils für die Berufsausbildung oder die Praxisphasen im Betrieb und für das Studium an der Hochschule zur Verfügung steht“, so Nickel. Überdies wichtig: „Aus dem Modulhandbuch des Studiengangs muss klar erkennbar sein, wie viele Kreditpunkte in der Hochschule, im Betrieb und je nachdem auch an der Berufsschule erworben werden. Wenn die Kreditpunkte beim Praxispartner fehlen, sollte dies ein Ausschlusskriterium sein.“
Außerdem sollte es im Betrieb wie in der Hochschule einen Ansprechpartner für die Teilnehmer geben. Das sind oft Studienberatungen, studentische Tutoren oder Professoren. „Aufseiten der Arbeitgeber unterstützen die Personalabteilungen, Ausbilder und Ausbilderinnen oder Beauftragte speziell für diesen Bereich“, weiß Nickel.
Bei der Sparkasse Aachen ist Stefanie Plum die Ansprechpartnerin für die anderen Studierenden. Die Verzahnung zwischen Hochschule und Job ist hier garantiert. „Die Hochschule gehört zur Sparkassen-Finanzgruppe. Daher sind die Lerninhalte naturgemäß praxisorientiert und aufeinander abgestimmt“, sagt sie.
Pro: Vorteile des dualen Studiums
- Berufschancen: Die Karrierechancen sind gut. Statistisch sind lediglich 3 Prozent der Absolventen später arbeitslos. Bei einem regulären Bachelor sind es 6 Prozent.
- Berufserfahrung: Die Studierenden sammeln parallel Berufserfahrung. Meist werden sie ohnehin häufig vom Betrieb übernommen.
- Gehalt: Man wird bezahlt. Einige Arbeitgeber tragen die Hochschulkosten.
- Zeit: Die Studierenden absolvieren binnen weniger Jahre zwei Ausbildungen. Gegebenenfalls können sie später einen Masterstudiengang anschließen.
Kontra: Nachteile des dualen Studiums
- Belastung: Arbeit und Studium unter einen Hut zu bringen, erfordert Disziplin und Durchhaltevermögen.
- Wettbewerb: Auf einen Studienplatz kamen 2021 zehn Bewerber. Die Abiturnote ist wichtig, das Auswahlverfahren hart.
- Anspruch: Ohne gutes logisches Denken und mathematische Kenntnisse sind Studienplätze nur schwer zu bekommen.
- Abbruch: Der ist abhängig vom Vertrag mit negativen Folgen verbunden. Man muss bei Firma und Hochschule kündigen. Möglicherweise sind dann Studiengebühren zurückzuzahlen.
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