Darf man am Schreibtisch essen? Gehört Gendern zum guten Ton? Ist Händeschütteln nach Corona noch opportun? Und darf man Kunden ungefragt duzen? So verhalten Sie sich im Arbeitsalltag richtig.
Text: Eva Neuthinger
Jeder kann mal schlecht gelaunt sein, die Kollegen und Geschäftspartner allerdings sollten das nie zu spüren bekommen. „Permanente Wertschätzung und Respekt anderen gegenüber sind die Grundlage für einen angemessenen Umgang im Büro“, sagt Angela Schütte, Karrierecoach für Akademiker im niedersächsischen Drentwede. Das beginnt für sie damit, im Büro ein freundliches Gesicht aufzusetzen sowie aufgeschlossen und gepflegt aufzutreten. Ganz wichtig: Im Gespräch stets Augenkontakt halten. „Natürlich schweift der Blick mal nach oben, wenn man nachdenkt. Aber im weiteren Dialog sollte man wieder zurückkommen und seinen Partner ansehen, statt an die Wand zu starren“, so Schütte.
Händedruck ist und bleibt ein guter Einstieg
Nach Corona begrüßt man sich wieder per Handschlag – muss es aber nicht. Wer in den Raum kommt, geht zuerst auf den Ranghöheren zu. Gäste im Büro wie Kunden und Lieferanten gelten immer als Ranghöchste. Der Gast entscheidet, ob ein Kopfnicken, ein „Guten Tag“ oder ein „Hallo“ ausreicht und ob ein Handschlag dazugehört. „Wer auf dem Gang in Begleitung eines Kunden seinen Vorgesetzten trifft, stellt zuerst dem Kunden den Chef vor. Der Auftraggeber entscheidet, ob er die Hand reicht. Wer mit seinem Kollegen den Vorstand sieht, begrüßt diesen verbal und wartet ab, ob er die Hand reicht“, so Schütte. Ein Händedruck sollte etwa zwei Sekunden dauern, nicht zu fest sein und Verbindlichkeit sowie Vertrauen demonstrieren. Dabei hält man Blickkontakt. Nicht vergessen: Die andere Hand gehört nicht in die Hosentasche. Handschuhe sind tabu.
Rangordnung gibt den Rahmen vor
Du oder Sie? In jungen Unternehmen duzt man sich. Längst aber hat sich diese Anrede auch in Familienunternehmen oder in Großkonzernen etabliert. „Prinzipiell offeriert im Business immer noch der Ranghöhere oder im privaten Leben der Ältere das Du. Daran hat sich nichts geändert“, erklärt Angela Schütte. Wer neu in eine Firma kommt, verwendet die Sie-Anrede, bis das Du angeboten wird. Im Umgang mit Kunden beachten: Auftraggeber zählen als ranghöher. Wer als Kunde geduzt wird und dies nicht will, „siezt konsequent zurück“, rät Linda Kaiser, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Knigge-Gesellschaft. Die Expertin gibt noch zu bedenken: „Man sollte sich gut überlegen, wen man duzt. Zurücknehmen lässt es sich ja nicht mehr.“
Konflikte immer unter vier Augen austragen
„Man darf im Geschäftsleben niemals in der Gruppe lautstark kritisieren“, so Linda Kaiser. Kollegen müssen keine Freunde sein, „aber ein respektvolles und produktives Miteinander darf man erwarten“, meint Karrierecoach Angela Schütte. Das funktioniert, wenn sich bei einem Disput beide Seiten zu einem konstruktiven Gespräch verabreden und versuchen, die Sichtweise des anderen zu verstehen. „Es ist wichtig, bei solchen Meetings immer in der Ich-Form zu sprechen: Ich habe den Eindruck, dass…“, so Schütte. Hintergrund: Niemand will hören, wie er sich verhalten soll, oder beschuldigt werden, etwas falsch gemacht zu haben. Ich-Botschaften vermeiden diesen Eindruck.
Die gröbsten Fauxpas umschiffen
Jogginghose im Büro? Je nach Branche und Betrieb geht das. Die Kleiderordnungen haben sich gelockert, weniger Förmlichkeit entspricht dem Zeitgeist. Vor der Kamera beim Meeting macht man mit legerer Businesskleidung nichts falsch. Aber: Räumen Sie das Zimmer auf, bevor die Videokonferenz beginnt. Im Hintergrund sollten keine Papierstapel zu sehen sein. Essen während des Meetings ist tabu. Wer unbedingt trinken muss, nimmt ein Glas – nie die Flasche.
Apropos Mahlzeit: Die Kollegen vor Ort im Büro wollen nicht mit starken Gerüchen von Pizza, Döner und Co. belästigt werden. Einen Salat darf man gegebenenfalls am Schreibtisch verzehren, Currywurst eher nicht. Und bei Präsenzveranstaltungen daran denken, so Angela Schütte: „Die Teilnehmer repräsentieren ihre Firma.“ Am Buffet schickt es sich nicht, den Teller randvoll zu laden. Man geht mehrfach und „nimmt sich aus Gründen der Hygiene immer einen neuen Teller“, ergänzt die Benimm-Expertin.
Feedback ist Holschuld
Man darf und sollte sich im Büro selbstbewusst zeigen. „Viele Arbeitnehmer treten unsicher auf, gerade, wenn sie neu im Unternehmen sind“, weiß Karrierecoach Schütte aus Erfahrung. Falsche Bescheidenheit erscheint aber wenig hilfreich. „Zu sagen, was man kann und was eher nicht, ist völlig okay. So können die Aufgaben entsprechend den jeweiligen Kompetenzen der Mitarbeiter effizient verteilt werden“, erklärt sie. Voraussetzung ist, dass jeder über seine Stärken und Schwächen reflektiert. „Viele Beschäftigte verlassen sich auf das Feedback ihres Vorgesetzten, das sie häufig nur einmal im Jahr bekommen. Es spricht nichts dagegen, die Kollegen nach ihrer Einschätzung zu fragen, wie man wirkt und auftritt“, so Schütte. Wenn jeder seine Sozialkompetenzen prüft, wirkt sich dies in jedem Fall positiv auf das Betriebsklima und den Umgang miteinander aus.
Gendern kann auch nerven
In technischen Branchen hat sich Gendern noch nicht etabliert, in sozialen Berufen sieht das teilweise anders aus. Wer die Situation nicht einschätzen kann, orientiert sich an der Sprache der Geschäftspartner. Geschlechtsneutrale Begriffe wie Mitarbeitende gehen immer. Nennung der weiblichen und männlichen Form kann – je nach Adressat – als nervend empfunden werden. Man macht damit aber nichts falsch.
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