Kindergartenzuschuss, Jobticket, Einkaufsgutscheine: Solche Leistungen kommen an. Sie bleiben abgabenfrei, daher profitieren Arbeitnehmer in voller Höhe. Und die Chefs können Fachkräfte besser an die Firma binden.
Text: Eva-Maria Neuthinger
Die Rewe Group wirbt auf ihrer Internetseite mit besonderen Gesundheitsleistungen, die Mitarbeitende erhalten: von der betriebsärztlichen Betreuung über Schutzimpfungen bis zum Kursprogramm Fit-Netz. Solche Extras sind bei Arbeitnehmern sehr beliebt, wie Studien zeigen – aus gutem Grund. „Die Mitarbeitenden können mit steuerfreien Benefits jeder Art ihre Haushaltskasse deutlich aufbessern“, sagt Oliver Hubl. Der Steuerberater der Kanzlei Hubl & Partner weiß, dass auch die Arbeitgeber Interesse daran haben, und betont: „Diese abgabenfreien Leistungen haben für beide Seiten große Vorteile.“
Für die Arbeitnehmer kommt ein tolles Plus heraus. Sie erhalten die Extras ohne Abzüge brutto wie netto. In der Regel müssen sie aber zusätzlich zum regulären Gehalt fließen. „Man kann also nicht zum Chef gehen und sagen, er soll den Lohn kürzen und stattdessen einen Zuschuss für den Kindergarten zahlen“, so Hubl. Es dürfe auch keine schon zugesagte Gehaltserhöhung umgewandelt werden, ergänzt Thomas Kuth, Steuerberater und Geschäftsführer der FRTG Steuerberatungsgesellschaft in Essen.
„Mitarbeitende können mit steuerfreien Benefits ihre Haushaltskasse deutlich aufbessern“
Aber: Prinzipiell ist es möglich, die nächste Gehaltsrunde zum Anlass zu nehmen, nach den Extras zu fragen. Dann vereinbaren beide Seiten in einem Jahr keine oder eine niedrigere Lohnerhöhung und stattdessen Benefits. Ein Nachteil: Es wird etwas weniger in die Rentenversicherung eingezahlt als bei einer regulären Lohnerhöhung.
Die Extras können sich auf mehrere Hundert Euro im Jahr summieren. Und ab sofort darf es sogar noch etwas mehr sein: Am 1. Januar 2022 ist die sogenannte Sachbezugsgrenze von 44 auf 50 Euro im Monat gestiegen. Bis zu dieser Höhe darf der Arbeitgeber Sachleistungen gewähren wie Tank- oder Einkaufsgutscheine. Die Leistungen kann man sich allerdings nicht bar auszahlen lassen. Arbeitnehmer sollten sich auf jeden Fall ein Bild davon machen, welche Extras existieren, sich das Beste heraussuchen und dem Chef vorschlagen. Ganz grob lassen sich die Vorteile in drei Gruppen zusammenfassen: Gesundheit, Mobilität und Freizeit.
Gesundheit und Fitness
Betriebliche Maßnahmen, die die Gesundheit der Belegschaft fördern, sind beliebt. Der Freibetrag beträgt 600 Euro jährlich pro Mitarbeiter. Wichtig ist, dass es sich um von der Krankenkasse zertifizierte Maßnahmen handelt. Der Fiskus akzeptiert auch individuelle externe Maßnahmen, etwa Kurse zu Suchtprävention, Entspannung und Stressabbau, außerdem Bewegungsprogramme und Ernährungsberatung. Der Chef kann auch eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio finanzieren. Die Beiträge bleiben abgabenfrei, soweit nicht über 50 Euro monatlich bezahlt werden. Vertragspartner wird die Firma.
Es gibt noch mehr gesundheitliche Benefits. Völlig verspannt – so lautet häufig die Diagnose, wenn Arbeitnehmer viel sitzen oder schwere Tätigkeiten ausführen. Eine Massage ist da oftmals ein Genuss. Der Arbeitgeber kann sie bezahlen, um etwa berufsbedingten Rückenproblemen vorzubeugen. Auch die Kosten für eine Bildschirmbrille kann der Chef übernehmen, sofern ein Augenarzt die Notwendigkeit bescheinigt. Ein Arbeitgeber kann einem Mitarbeiter zudem eine Kur finanzieren – auch dabei sind 600 Euro steuerfrei. Und: Firmen können für die Mitarbeitenden eine Auslandskrankenversicherung abschließen und die Beiträge zahlen. Die Leistung bleibt bis zur Grenze von 50 Euro im Monat abgabenfrei.
Mobilität – vom Rad bis zum Auto
Fahrkarten für Bus und Bahn sowie Jobtickets sind extrem gefragt. Toll ist, dass sie bei der 50-Euro-Grenze nicht mitzählen. Der Chef darf Tickets bezahlen oder Zuschüsse für die Fahrten zwischen Zuhause und Firma leisten.
Dienstwagen gehören ebenfalls zu den beliebtesten Extras. Die Überlassung zur rein beruflichen Nutzung ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Wird das Fahrzeug privat genutzt, muss der Mitarbeiter den geldwerten Vorteil versteuern. Da für Dienstfahrzeuge komplexe Regeln gelten, lohnt sich ein Gespräch mit dem Steuerberater.
Gefragt sind auch Diensträder. 250.000 Arbeitnehmer nutzen in Deutschland bereits das Stahlross von der Firma. In zentralen Lagen mieten Arbeitgeber für Mitarbeiter öfter einen Parkplatz an –eine steuerfreie Leistung. Erstatten dürfen sie solche Kosten aber nicht. Heißt: Schließt der Chef mit der Tiefgarage nebenan einen Vertrag, damit die Arbeitnehmer dort ihre privaten Wagen abstellen können, ist das für das Finanzamt okay. Wichtig: Arbeitnehmer sollten den Stellplatz nicht selbst mieten und sich die Aufwendungen vom Chef zurückgeben lassen. Eine Gehaltsumwandlung ist auch nicht möglich.
Technik, Familie und Freizeit
Im Bereich Technik gibt es ebenfalls attraktive Extras. So bleibt die private Nutzung des Firmenhandys abgabenfrei. Wie viel der Mitarbeitende mit dem Smartphone privat telefoniert oder wie häufig er damit im Internet ist, interessiert nicht. Sogar wenn es fast nie betrieblich eingesetzt wird, bleibt die Leistung steuerfrei. Wichtig ist aber, dass es aus betrieblichem Anlass überlassen wird. Man sollte das gute Stück also schon beruflich benötigen.
Auch einen Computer und Zubehör darf der Chef zur Verfügung stellen. Steht der betriebliche PC oder der Drucker zu Hause, nimmt der Fiskus das gelassen. Monitor, Scanner, externe Festplatten, Datenträger, Akkus oder die ergonomische Maus werden ebenso steuer- und abgabenfrei gewährt. Serviceleistungen rund um die Geräte sind inbegriffen. Sogar Barzuschüsse für den privaten Internetanschluss sind möglich. Der Chef kann die Kosten bis zu 50 Euro im Monat übernehmen und den Vorteil mit 25 Prozent pauschal versteuern.
Apropos Wohnung: Gerade Firmen in ländlichen Regionen zahlen auch Umzugskosten. Die Aufwendungen für Spedition, Reise, Mietentschädigung, Maklergebühren für Mietobjekte oder Nachhilfeunterricht für Kinder können bis zur Höhe des Betrags, den das Bundesumzugskostengesetz vorsieht, steuerfrei erstattet werden.
Kinderbetreuung ist ein weiteres Stichwort. Zusätzlich zum Lohn kann der Chef die Aufwendungen für die Betreuung und die Unterbringung der Kinder übernehmen, die noch nicht in die Schule gehen. Dem Fiskus ist es sogar egal, wie viel der Kindergarten oder die Tagesmutter im Monat kostet.
Geschenke und Gutscheine
Geschenke bis zu 60 Euro können Mitarbeiter zu besonderen privaten Anlässen wie Hochzeiten, Geburten oder Geburtstagen erhalten. Es handelt sich nicht um eine Jahresgrenze, die 60 Euro beziehen sich auf den jeweiligen Anlass.
Auch Gutscheine und Geldkarten, mit denen Mitarbeiter Waren oder Dienstleistungen erhalten, bleiben als Sachlohn abgabenfrei. Sie müssen zusätzlich zum Gehalt ausgegeben werden. Darunter fallen etwa Geschenkkarten für den Handel, Bücher und Streamingdienste sowie Tankkarten. Kostenerstattungen sind ausgeschlossen. Tipp: Mehrere Firmen wie Edenred oder Splendid geben Karten aus, die sich gemäß den steuerlichen Vorgaben einsetzen lassen. Die Dienstleister kooperieren mit Händlern, Tankstellen und anderen. Der Arbeitgeber zahlt eine Monatsgebühr – vielleicht ein Argument, um den Chef für diese Extras zu begeistern.
Das sollten Sie wissen
- Populäre Dienstwagen: Jedes neunte Auto in Deutschland ist ein Firmenwagen. Viele werden privat genutzt, der geldwerte Vorteil muss aber versteuert werden. Im Trend liegen E-Bikes und Fahrräder von der Firma.
- Extras sauber trennen: Steuerfreie Extras dürfen in der Regel das reguläre Gehalt nicht ersetzen, sondern nur zusätzlich vergeben werden. Sie können aber anstelle von Gehaltserhöhungen vereinbart werden.
„Leistung für eine Gegenleistung“
Oliver Hubl ist Steuerberater und Partner der Kanzlei Hubl & Partner in Alfter bei Bonn.
S-Quin: Wie können Mitarbeitende den Chef dazu bringen, für steuerfreie Extras Geld auszugeben? Für die Firma selbst bringt es ja wenig.
Hubl: Das kommt darauf an. Die Unternehmen haben erkannt, dass viele Mitarbeitende solche Benefits zu schätzen wissen. In Zeiten des Fachkräftemangels haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gar nicht so schlechte Karten, wenn sie danach fragen. Sie können ja damit argumentieren, dass ihre Firma auf jeden Fall Sozialabgaben spart. Bei einer Lohnerhöhung würden diese regulär anfallen.
S-Quin: Aber der Verwaltungsaufwand ist für den Betrieb möglicherweise höher.
Hubl: Sicherlich sind bestimmte Bedingungen gegenüber dem Finanzamt zu erfüllen. Begünstigt sind mehr oder weniger nur echte Zusatzleistungen. Sie dürfen nicht auf den Arbeitslohn angerechnet werden. Man darf das Gehalt nicht einfach kürzen, um sie zu gewähren. Das Finanzamt akzeptiert es auch nicht, wenn schon früher vereinbarte Gehaltserhöhungen stattdessen in solche Extras fließen. Und wenn am Ende der Mitarbeitende nicht mehr ins Fitnessstudio gehen will, darf sich das Gehalt deshalb nicht erhöhen.
S-Quin: Welche Argumente können Mitarbeitende anbringen, um ein Extra zu bekommen?
Hubl: Zum einen müssen solche Leistungen nicht jedem gegeben werden. Der Arbeitgeber kann die Extras nur jenen Angestellten gewähren, die besondere Leistungen erbringen. Man sollte also zum Beispiel darauf verweisen, wenn man ein Projekt besonders gut abgeschlossen hat. Man lässt es aber besser, zum Beispiel die steigenden Kita-Gebühren als Aufhänger zu nehmen. Für den Chef geht es immer in erster Linie um Leistung und Gegenleistung.
Titelfoto: DSV-Gruppe