Kreative, die ihre Produkte verkaufen wollen, nutzen neben eigenen Webshops und sozialen Medien oft kommerzielle Plattformen. Um dort aber erfolgreich zu sein, muss man sich gut vorbereiten.
Text: Eva-Maria Neuthinger
Antonie Niedermeier stickt mit Leidenschaft. „Handarbeiten waren schon immer mein Hobby“, erklärt die Geschäftsführerin der Firma Froillein Winter im niederbayerischen Tann. 2021 machte sie sich selbstständig und bestickt seitdem maschinell Accessoires wie Bodys fürs Baby, Shirts für die Kleinsten oder Filzhüllen. „Ich verarbeite nur hochwertige Qualitäten“, betont sie. Ihre Produkte vertreibt sie über Plattformen im Internet, die sich auf den Verkauf selbst gefertigter Handarbeiten spezialisiert haben. „Das läuft sehr gut“, sagt Niedermeier.
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. „Ich habe mehrere Wochen gebraucht, um meinen Shop aufzubauen“, sagt die Unternehmerin. Im ersten Schritt meldete sie ein Gewerbe an – eine Voraussetzung, um auf solchen Plattformen verkaufen zu können. Dazu ist ein Formular beim Gewerbeamt auszufüllen. Meist lässt es sich online herunterladen. Das Gewerbeamt informiert das Finanzamt, die IHK und gegebenenfalls die Krankenkasse. Zudem sollte man sich darüber Gedanken machen, welche Rechtsform man wählt. Die meisten Verkäufer sind Einzelunternehmer.
Niedermeier informierte das Finanzamt über ihre Selbstständigkeit und machte sich mit einigen rechtlichen Vorgaben vertraut. So sind zum Beispiel Impressum, Widerrufsbelehrung, Datenschutzerklärung und allgemeine Geschäftsbedingungen Pflicht, um rechtssicher online zu verkaufen. Wer verpackte Waren in Verkehr bringt, muss sich zudem im Verpackungsregister Lucid registrieren und seine Verpackungen bei einem Systembetreiber lizenzieren. Hier ist Vorsicht geboten: Wer sich nicht registriert, muss mit einem Vertriebsverbot rechnen.
Zahlreiche Plattformen
Für den Erfolg ist vor allem ein gutes Produkt wichtig. Antonie Niedermeier entwickelt ihre Erzeugnisse selbst. „Im Internet finden sich zwar viele Anleitungen für Handarbeiten. Aber ich möchte individuelle Produkte anbieten. Daher habe ich eine eigene Kollektion“, erzählt sie. So kann sie sich auch von Wettbewerbern absetzen.
Ein eigener Webshop ist sehr aufwendig zu gestalten und zu bewerben. Zeit, die für die kreative Arbeit verloren geht. Daher nutzen viele Selbstständige bekannte Plattformen wie Etsy, Amazon, Shopify, Productswithlove, Palundu oder Kasuwa. Sie bieten die Möglichkeit, dort einen eigenen Shop zu eröffnen, und übernehmen in der Regel einen Teil des Marketings.
Etsy ist der bekannteste Marktplatz. Rund acht Millionen Käufer zählt das New Yorker Unternehmen allein in Deutschland. Das Unternehmen wurde 2005 gegründet, zählt etwa 2400 Mitarbeitende und erzielt rund 13,5 Milliarden US-Dollar Umsatz weltweit. Von diesem hohen Bekanntheitsgrad profitiert Antonie Niedermeier. „Einen großen Teil meiner Umsätze realisiere ich dort. Aber ich biete meine Accessoires auch auf anderen Marktplätzen an“, sagt sie. Zum Beispiel auf www.kasuwa.de.
„Wir sind ein mittelständischer deutscher Anbieter mit all seinen Vorteilen für unsere Verkäufer“, sagt Uwe Günzel, Geschäftsführer der Kasuwa GmbH in Karlsruhe. Ziel des Unternehmens ist es, lokale Fertigung zu fördern und den Selbstständigen eine Perspektive zu geben. Hinter den meisten Shops auf Kasuwa verbergen sich Kleinunternehmen, die von einer Person eigenverantwortlich betrieben werden. Kasuwa erhält 8 Prozent der Einnahmen. Die werden fällig, wenn die Bestellung bezahlt und die Ware angekommen ist.
Antonie Niedermeier hat nur einmal länger auf ihr Geld gewartet und musste die Kundin mahnen. „Bei Etsy ist es etwas einfacher, hier muss ich mich um die Forderungen nicht selbst kümmern“, berichtet sie. Dafür sind die Gebühren höher: Rund 20 Prozent der Einnahmen gehen an die Plattform.
Soziale Medien nicht vernachlässigen
Was aber sind die Kriterien, um auf den Portalen erfolgreich zu sein? Sicher auch der Bekanntheitsgrad der Plattform. Günzel rät Verkäufern, in den sozialen Medien zusätzlich für die eigenen Produkte zu werben, und betont: „Man sollte sich auch selbst vermarkten.“ Das beginnt beim Namen des Shops. „Wichtig ist, dass die Kunden sich ihn gut merken können. Er sollte kurz und prägnant sein“, so Günzel.
Antonie Niedermeier firmiert unter dem Markennamen „Froillein Winter“ und erläutert: „Wintermeier ist einfach mein Geburtsname. Auf das ‚Froillein‘ mit genau dieser Schreibweise bin ich gekommen, weil ich bei meinen Vorabrecherchen gesehen habe, wie viele Shops im Internet in irgendeiner Form ‚Fräulein‘ verwenden. Ich wollte mich unterscheiden.“
Fast noch wichtiger sind gute Produktfotos. Die Ware sollte im Fokus stehen, die Produkte gut ausgeleuchtet und der Hintergrund ruhig sein. Günzel stellt immer wieder fest, dass Verkäufer Bilder hochladen, die für die Weiterverarbeitung ungeeignet sind. „Wir benötigen für unsere Plattform und für Instagram quadratische Bilder, für Pinterest Bilder im Hochformat und für Facebook Bilder im Querformat. Daher ist es besonders wichtig, dass die Fotos hochauflösend sind und genügend Platz um den Artikel vorhanden ist“, sagt er.
Profi-Fotos können von Vorteil sein
Dafür reicht in der Regel das Smartphone. Etwas mehr Ehrgeiz schadet allerdings auch nicht. Die Malerin und Designerin Ulrike Kröll bietet im Netz unter anderem Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen an, ebenso wie Kunstkarten mit Originalmalerei oder Kunstdrucken. Ulrike Kröll setzt dabei bewusst hochauflösende Fotos ein. „In einer Ausstellung wurden einige meiner Exponate zu diesem Zweck von einer Fotografin aufgenommen“, sagt sie. Zu den Fotos stellt sie kurze Beschreibungen ihrer Werke in ihren Shop ein. „Interessenten sollen sich von meinen Arbeiten auch im Detail überzeugen“, so Kröll.
Günzel findet das gut und betont: „Eine verständliche Beschreibung der Werke und Produkte ist sehr wichtig.“ Manche Verkäufer würden im Titel nur Schlüsselwörter aneinanderreihen. „Das lässt sich nicht gut lesen. Und für die Sichtbarkeit in Suchmaschinen und sozialen Medien ist das nicht gut“, warnt er.
Antonie Niedermeier nimmt sich für ihre Beschreibungen viel Zeit. „Ich versuche, möglichst detailliert anzugeben, was die Kunden bekommen“, sagt sie. So erklärt sie zu ihren Impfpasshüllen: „Impfpass aus Filz bestickt personalisiert. Das Set ist passend für den alten und neuen Impfpass. Es stehen drei Filzfarben zur Verfügung.“ Dann folgen die drei Farben – mit Angaben, wie dick der Stoff jeweils ausfällt. So ist der Kunde gut beraten und hat fast ein Einkaufserlebnis wie in einem Geschäft.
Einnahmen versteuern
Der Fiskus will an den Einnahmen teilhaben. Worauf dabei zu achten ist.
Selbstständige Verkäufer im Netz sind in der Regel buchführungspflichtig. Sie geben eine Jahressteuererklärung ab und versteuern ihren Gewinn. Üblicherweise müssen sich die Verkäufer entscheiden, ob sie Umsatzsteuer ausweisen wollen oder lieber nicht. Wer für die Umsatzsteuer optiert, bekommt die Vorsteuer aus dem Einkauf des Materials erstattet. Im Gegenzug wird den Kunden Umsatzsteuer berechnet, die der Verkäufer ans Finanzamt abführen muss.
Kleinunternehmer, die im Vorjahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz erzielt haben und im aktuellen Jahr nicht mehr als 50.000 Euro umsetzen, können darauf verzichten, Umsatzsteuer beim Verkauf auszuweisen. Sie müssen weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Umsatzsteuererklärung abgeben. Egal, wie man sich entscheidet: Für den Verkauf über einen Marktplatz ist beim Bundeszentralamt für Steuern eine Umsatzsteuer-ID zu beantragen.
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