Die Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein ist ein Eckpfeiler des kulturellen Lebens in Neuss und Umgebung. Jetzt geht sie mit vier spannenden Programmen in den Frühling 2022. Insbesondere das kostenlose Klassik-OpenAir am 26. Mai wird ein echtes Highlight.
Die Kammerakademie ist seit über 40 Jahren ein Aushängeschild der Stadt. Das Magazin „Das Orchester“ adelte das Ensemble, das eine Grundbesetzung von 20 Streichern und 4 Bläsern hat, zum „führenden Kammerorchester Deutschlands“. Großen Anteil am Erfolg haben die künstlerische Leiterin Isabelle van Keulen, die als Geigerin das Orchester vom Pult aus leitet, sowie Christoph Koncz. Der Stimmführer der Wiener Philharmoniker ist seit 2019 Chefdirigent in Neuss.
„Kammerorchester sind eine Rarität, es gibt vielleicht 10 bis 15 große von ihnen in Deutschland“, erläutert Orchestermanager Martin Jakubeit. Etwas Besonderes ist auch die Altersstruktur: „Die meisten unserer Musiker sind unter 30 Jahre“, sagt Jakubeit (siehe auch Interview unten).
Das Repertoire des Ensembles reicht von Barock bis Jazz. Neben sechs Abonnementkonzerten spielt die Deutsche Kammerakademie Neuss jedes Jahr ein Neujahrskonzert, eine Klassik Lounge im Dezember, im Sommer die Klassiknacht als Open-Air-Konzert im Neusser Rosengarten und hat zudem regelmäßig Gastspiele im In- und Ausland. In diesem Jahr gibt es eine Ausnahme: „Anstelle der Klassiknacht im Rosengarten spielen wir am 26. Mai zur Eröffnung des Internationalen Hansetags ein Klassik-OpenAir im Rennbahnpark Neuss“, sagt Jakubeit. Zwischen März und Mai stehen somit insgesamt vier Konzerte in Neuss auf dem Kalender.
Konzerte im Überblick
„MOZ-ART“ – Solo für zwei
Sonntag, 13. März 2022: 16 und 19.30 Uhr, Stadthalle Neuss
- Alfred Schnittke: „Moz-Art“ für zwei Violinen
- Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonia concertante Es-Dur KV 364
- Alfred Schnittke: Concerto grosso Nr. 1
Die drei Werke haben eins gemeinsam: Sie sind für jeweils zwei Solisten komponiert worden. Isabelle van Keulen, die nicht nur die künstlerische Leitung hat, sondern auch als Solistin Violine und Viola spielen wird, hat als Partner für das Konzert den niederländischen Geiger Niek Baar eingeladen.
„SEASONS!“ – Vivaldi inspiriert
Samstag, 9. April 2022: 16 und 19.30 Uhr, Stadthalle Neuss
- Max Richter: Recomposed: Vivaldi – „The Four Seasons”
- Philip Glass: Violinkonzert Nr. 2 – „The American Four Seasons”
Die Werke der beiden zeitgenössischen Komponisten sind von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ inspiriert. „Wir stellen Werke vor, bei denen man den Einfluss Vivaldis hört“, sagt Martin Jakubeit, Orchestermanager der Deutschen Kammerakademie Neuss. Jakubeit: „Dieses Konzert spielen wir übrigens zusätzlich am 7. April als Gastspiel in Lörrach. Weil es so neu und außerordentlich ist, wollte der Veranstalter es unbedingt präsentieren.“
„MOZARTS GRANDEZZA“ – Klassik mit Verstärkung
Sonntag, 22. Mai 2022: 16 und 19.30 Uhr, Stadthalle Neuss
- Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 13 C-Dur, KV 415
- Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 8 F-Dur, op. 93
Leitung: Christoph Koncz, Klavier: Elena Bashkirova
„Dieses Programm war ein Wunsch unseres Chefdirigenten“, so Jakubeit. Für die Beethoven-Sinfonie wird die Besetzung auf 35 Musiker erweitert. „Schön ist auch das Mozart-Klavierkonzert, für das wir Elena Bashkirova eingeladen haben, eine echte Grand Dame des Klaviers“, sagt der Orchestermanager. Für dieses Konzert können S-Quin Kunden Tickets gewinnen (siehe rechts).
Klassik-OpenAir zur Eröffnung des Hansetags
Donnerstag, 26. Mai 2022, 19 Uhr, Rennbahnpark Neuss
Jedes Jahr im Sommer lädt die Kammerakademie Neuss zur Klassiknacht ein, mit 45 Musikern in großer Besetzung. 5000 Zuschauer strömen dann zu diesem kostenlosen Event in den Neusser Rosengarten. „Die Zuschauer kommen schon um 7 Uhr morgens und bauen ihre Tische und Kerzenleuchter auf“, erzählt Martin Jakubeit. „Das ist immer eine schöne, laue Sommernacht mit einem Glas Wein und zweieinhalb Stunden toller Klassik.“ Wegen des Internationalen Hansetags, der dieses Jahr in Neuss stattfindet, ist diesmal einiges anders: Anstelle der Klassiknacht gibt es ein Klassik-Open-Air-Konzert im Rennbahnpark Neuss. Der Charakter der Veranstaltung bleibt allerdings gleich. „Die Stadt Neuss hat gesagt, dass sie zur Eröffnung das beste zeigen will, das sie hat“, ergänzt Jakubeit mit einem Augenzwinkern. Das Programm verrät er noch nicht, nur den Titel: „Im Fluss der Zeit“. Aufgeführt werden klassische Werke, die einen Bezug haben zum Thema Wasser haben.
Tickets gibt es über die Hotline 02131 5269-9999 oder auf der Webseite www.deutsche-kammerakademie.de.
„Die meisten unserer Musiker sind unter 30“
Martin Jakubeit, seit 2009 Orchestermanager der Deutschen Kammerakademie Neuss.
S-Quin: Was ist das Besondere an der Kammerakademie Neuss?
Martin Jakubeit: Kammerorchester sind eine Rarität. Theaterorchester oder Symphonieorchester sind häufiger. Wir haben eine Grundbesetzung von 20 Streichern und 4 Bläsern, für einige Konzerte holen wir uns aber Verstärkung dazu. Auch unsere Altersstruktur ist ungewöhnlich. Die meisten unserer Musiker sind unter 30 Jahre. Die Stadt Neuss fördert junge talentierte Musikstudenten, sieben Musiker bekommen ein Stipendium.
S-Quin: Was muss man dafür tun?
Jakubeit: Die Stipendiaten bewerben sich mit 22 oder 23, wenn sie kurz vor dem Abschluss stehen, bleiben drei bis fünf Jahre hier, dann lassen wir sie hinaus in die Welt. Das Orchester verjüngt sich so von innen heraus. Bei uns lernen junge Musiker von erfahrenen Stimmführern. Unsere Konzertmeisterin Fenella Humphreys hat in Düsseldorf studiert und 2018 den BBC Music Magazine Instrumental Award gewonnen. Sie kommt regelmäßig extra aus England zu den Konzerten zu uns.
S-Quin: Dieser Ausbildungsaspekt war während der Pandemie sicher sehr schwierig.
Jakubeit: Ja, denn wir konnten keine Probespiele abhalten. Mitte März haben wir endlich wieder ein zweitägiges Probespiel mit 30 Bewerbern. Drei von ihnen können Stipendiaten werden.
S-Quin: Wie hat Corona die Programmplanung und Ausführungen beeinflusst?
Jakubeit: Die Programmplanung war eine Mammutaufgabe. Wir mussten wechselnde Hygienekonzepte, musikalische Pläne, Künstler und Budgets in Balance bringen. Unter anderem zogen wir vom angestammten Zeughaus mit 450 Plätzen in die Stadthalle mit 1200 Plätzen um. Es gibt übrigens immer noch Beschränkungen in den Konzertsälen, wir haben nur eine Belegung von 50 Prozent in der Neusser Stadthalle, zudem gilt weiter die Maskenpflicht am Platz. Es gab also schon Schwierigkeiten, aber zum Glück haben alle Unterstützer, zu denen die Stadt Neuss und die Sparkasse Neuss gehören, ihre Förderung nicht zurückgefahren. Dennoch war es finanziell sehr anstrengend, wegen der Coronabeschränkungen mussten wir zum Beispiel neue Proberäume anmieten. Zum Glück mussten insgesamt aber kaum Konzerte ausfallen.
S-Quin: Wie viele Konzerte spielen sie pro Jahr?
Jakubeit: Traditionell sechs Abonnementkonzerte, die wir wegen der Pandemie aktuell als Doppelkonzerte spielen – also zwei Konzerte an einem Tag. Dazu kommen ein Neujahrskonzert und die Klassik-Nacht. Diese beiden Konzerte spielen wir dank fester Aushilfen mit 45 Musikern. Außerdem haben wir erstmals im Dezember 2021 eine Klassik-Lounge unter dem Motto „DKN geht aus“ an einem ungewöhnlichen Ort ausgerichtet, im Neusser Hafen. Die 130 Gäste waren von diesem Konzert am ungewohnten Ort sehr angetan – und vor allem von dem ganz besonderen Programm. Nach einem 40 minütigen Orchesterkonzert trat ein DJ auf, der im Wechsel mit Solokünstlern der Kammerakademie spielte. Wir hatten auch einen lokalen Rapper eingebunden. Wir wollen mit dieser Reihe ein neues Publikum ansprechen, das ist uns geglückt. Das Programm „DKN geht aus“ wird vom Land gefördert.
S-Quin: Geht es in der neuen Spielzeit zurück ins Zeughaus?
Jakubeit: Voraussichtlich ja. Unsere Abonnenten werden sich freuen, denn sie lieben das Zeughaus.
S-Quin: Sie produzieren ja auch viele CDs, oder?
Jakubeit: Das stimmt. Mit über 40 CD-Produktionen sind wir zudem recht aktiv; viele davon enthalten Raritäten, erstmals auf CD eingespielte Stücke aus der Klassikgeschichte. Wir haben zum Beispiel gerade im Januar eine wunderbare Tango-CD mit dem Titel „Piazzolla – Variations on Buenos Aires“ herausgegeben, die mit Isabelle van Keulen, der Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein und dem van Keulen Ensemble eingespielt wurde.
S-Quin: Was ist eigentlich Ihre Rolle als Orchestermanager?
Jakubeit: Die ist sehr vielfältig. Unsere Künstlerische Leiterin Isabelle van Keulen und Chefdirigent Christoph Koncz kümmern sich um musikalische Belange, ich bin eher für Organisatorisches und Finanzen zuständig, gestalte aber auch das Gesamtprogramm mit und verpflichte Gastkünstler.