Die Energiekosten lassen viele Menschen sorgenvoll in die Zukunft blicken, denn die Preise für Erdgas, Heizöl und Holzpellets haben 2022 Rekordhöhen erreicht. Auch Strom wird teurer. Experten verraten ihre Top-Tipps, mit denen sich die hohen Energiekosten abfedern lassen.
Text: Stefanie Hutschenreuter
Energieberater Stefan Bürk von der Wuppertaler Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, als Erstes herauszufinden, wie hoch der eigene Energieverbrauch ist. Beim Strom oder der Gasheizung wird dies aus der Vorjahresabrechnung ersichtlich. Wer mit Öl oder Pellets heizt, muss den Jahresverbrauch aus den Lieferrechnungen der vergangenen Jahre ermitteln. Dann folgt die Einordnung des eigenen Energiebedarfs. Dazu finden sich im Internet für alle Energieträger Werte vergleichbarer Haushalte. Ein Dreipersonenhaushalt zum Beispiel verbraucht im Schnitt laut Bundeswirtschaftsministerium pro Jahr 3700 Kilowattstunden Strom. Liegt der eigene Verbrauch darüber, gibt es wahrscheinlich Einsparmöglichkeiten.
„Leider gibt es kein Patentrezept zum Energiesparen, das für jeden Haushalt gilt“, sagt Energieberater Bürk. Aber es kann fast jeder irgendwo sparen – etwa beim Heizen. Hier lautet der wichtigste Expertentipp, jeden Raum nur auf die tatsächlich gewünschte Temperatur zu erwärmen. Zum Schlafen sind kühlere Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad angenehm, im Wohnzimmer dürfen es hingegen 20 Grad sein. „Aber vielleicht fühlen Sie sich auch schon bei 19 Grad wohl. Probieren Sie es aus“, empfiehlt Bürk. Jedes Grad weniger spart rund 6 Prozent Heizenergie.
Weniger heizen, wenn man weggeht
Sinnvoll ist es zudem, die Heizleistung seinem Tagesverlauf anzupassen. So kann man nachts oder wenn man den ganzen Tag außer Haus ist, die Thermostate auf eine niedrigere Stufe stellen. Am herkömmlichen Heizkörperthermostat reicht Stufe 2, was etwa 16 Grad Raumtemperatur entspricht. Besonders komfortabel geht das mit programmierbaren Heizungsregelungen. Sie lassen sich gradgenau so einstellen, dass die Heizung schon eine halbe Stunde vor der Ankunft zu Hause anspringt. Bei aller Sparsamkeit sollte man die Wohnung aber nie auskühlen lassen, um Schimmel vorzubeugen.
Auch Kleinigkeiten helfen beim Energiesparen. Dietlinde Quack vom Öko-Institut empfiehlt, die Heizkörper frei zu halten, gluckernde Heizkörper zu entlüften und Rollläden nachts zu schließen. „Stoßlüften statt Fenster auf Dauerkipp“, lautet ein weiterer Tipp. Während des Lüftens müssen die Heizkörperthermostate zugedreht sein. „Für Vergessliche gibt es inzwischen smarte Thermostate, die merken, wenn das Fenster offen ist, und dann nicht hochheizen“, erläutert Bürk.
Heiztipps für Eigenheimbesitzer
Wer Eigentümer einer Immobilie ist, sollte seine Heizanlage auf größtmögliche Energieeffizienz hin optimieren. Es lohnt sich zum Beispiel, freiliegende Heizungs- und Warmwasserrohre zu dämmen. Die Rohrverschalungen kosten wenige Euro und lassen sich problemlos in Eigenleistung anbringen. Auch das Dämmen der obersten Geschossdecke oder der Decke im Keller können Heimwerker erledigen, ebenso wie die Dämmung von Rollladenkästen oder Heizkörpernischen.
Für die Optimierung des Heizungsverteilsystems können staatliche Zuschüsse beantragt werden.
„Einen wesentlich höheren Einspareffekt bringt natürlich eine komplette Außendämmung der Gebäudehülle oder ein Austausch zugiger Fenster durch moderne Modelle. In manchen Gebäuden senkt das den Wärmebedarf um mehr als die Hälfte“, erläutert Energieexperte Bürk. „Allerdings muss man dann auch 100.000 Euro oder mehr investieren.“
Für viele Hausbesitzer ist das nicht zu stemmen, trotz der Inanspruchnahme von Fördergeldern, die für energetische Verbesserungen über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bereitstehen. BEG-Fördergelder gibt es auch für den Einbau einer Wärmepumpe statt einer alten Gas- oder Ölheizung. „Ob sich der Einbau wirtschaftlich lohnt, hängt sehr stark von der Entwicklung der Energiepreise ab, und die ist ungewiss. Außerdem haben die Preise für Wärmepumpen enorm angezogen, und sie sind in manchen Regionen kaum lieferbar“, gibt Bürk zu bedenken.
Ein Heizungs-Check kann sich lohnen
Weniger kostenintensiv ist es dagegen, seine Heizungsanlage regelmäßig warten und optimieren zu lassen. Für Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima, ist das ohnehin „der mittel- und langfristige Königsweg zur Einsparung von Brennstoff und Kosten“. Eigentümer einer Gasheizung sind seit Oktober 2022 sogar dazu verpflichtet, einen Heizungs-Check bis zum Jahreswechsel 2023/2024 durchführen zu lassen. Die Erneuerung einer alten Heizungspumpe durch eine moderne Hocheffizienzpumpe spart zudem Strom.
Wer eine Zirkulationspumpe nur dann laufen lässt, wenn wirklich warmes Wasser im Haus benötigt wird, spart ebenfalls. Mit einer Zeitschaltuhr kann man ihre Arbeitszeit an die Verbrauchsgewohnheiten anpassen. Gut zu wissen: Für alle Maßnahmen zur Optimierung des Heizungsverteilsystems können über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Zuschüsse von bis zu 20 Prozent beantragt werden.
„Was mit einfachen Mitteln relativ viel Energieersparnis bringen kann, ist, den Brausekopf in der Dusche zu überprüfen“, sagt Bürk. Mit der „Eimer-Messmethode“ lässt sich schnell herausfinden, wie sparsam der vorhandene Duschkopf ist. Bürk erklärt, wie es funktioniert: „Man nimmt einen Zehnliterputzeimer und eine Stoppuhr. Dann schaut man, wie viel warmes Wasser in einer Minute durch die Brause in den Eimer läuft. Wenn der Eimer in einer Minute schon überläuft, hat man einen Brausekopf, der viel Warmwasser verbraucht.“ In diesem Fall lohnt sich der Austausch durch ein Wassersparmodell. Besonders viel Energieersparnis bringt ein solcher Brausentausch in Häusern mit elektrischen Durchlauferhitzern.
Stromfressern auf der Spur
Auch fürs Stromsparen ist es wichtig, zu wissen, wo sich die Energiefresser verstecken. Wie viel Strom ein Gerät verbraucht, zeigt ein Messgerät, das zwischen Gerät und Steckdose gesteckt wird. Es kann beispielsweise in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen und bei manchem Energieversorger kostenlos ausgeliehen werden. Auch Apps können helfen.
Die App Energy Buddy etwa verschafft einen Überblick über den Stromverbrauch. Außerdem lassen sich Geräte wie Kühlschrank und Fernseher hinzufügen. Anhand des geschätzten Stromverbrauchs der Geräte sieht man dann, wo es Möglichkeiten zum Sparen gibt. Noch mehr Features bietet die App EHW+. Mit ihr lassen sich auch die Verbräuche von Gas, Wasser oder Heizöl im Auge behalten. Die App Energie-Check von CO2online zeigt zusätzlich noch den Verbrauch von Kraftstoff fürs Auto an.
Praktische Möglichkeiten gibt es viele; etwa Wäsche waschen bei niedriger Temperatur oder Geräte ausschalten, statt sie im Stand-by-Modus zu nutzen. Einfach und wirkungsvoll ist es auch, den Backofen nicht vorzuheizen und LEDs statt Glühbirnen in seine Leuchten zu schrauben. Auch sollte das Gefrierfach regelmäßig abgetaut werden. Im Kühlschrank reicht eine Temperatur von sieben Grad meist aus. Und wenn ein Haushaltsgerät ausgetauscht werden muss, dann sollte man auf eine hohe Energieeffizienz achten.
Das kann sich bei sehr alten Kühl- und Gefriergeräten, Waschmaschinen, Trocknern oder auch Spülmaschinen auszahlen. Mit dem Haushaltsgeräte-Check des bayerischen Staatsministeriums lässt sich einfach berechnen, ob und wie schnell sich die mögliche Anschaffung eines neuen Kühlschranks oder eines anderen Geräts durch die Stromeinsparung bezahlt macht (siehe Beispielrechnung).
„Smarthome-Technik steigert Stromkosten“
Interview mit Dietlinde Quack vom Öko-Institut zum Sparpotenzial von Smarthome-Elementen.
S-Quin: Helfen Smarthome-Elemente wirklich beim Energiesparen?
Quack: Das kommt darauf an. In einer Studie für die Verbraucherzentrale NRW haben wir verschiedene Smarthome-Anwendungen in beispielhaften Modellhaushalten untersucht in Bezug auf Energieeinsparung, Sicherheit und Komfort. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Anwendungen Einsparungen von Heizenergie zwischen 9 Prozent für eine Wohnung und 14 Prozent für ein Haus erreicht werden können. Demgegenüber steht aber ein gestiegener Stromverbrauch im Vergleich zum Referenzhaushalt ohne Smarthome-Anwendungen.
S-Quin: Um wie viel steigt der Stromverbrauch durch die smarten Anwendungen?
Quack: Im Szenario, das nur Smarthome-Anwendungen mit Bezug zu Energieeinsparung enthält, ist der Anstieg mit 3 Prozent in allen Haushalten relativ gering. Beim Szenario mit zusätzlichen Smarthome-Anwendungen mit Bezug zu Sicherheit sind es bereits 6 Prozent in einer Wohnung und 12 Prozent in einem Haus. Kommen noch die smarten Elemente mit Bezug zu Komfort dazu, dann liegt der Stromverbrauch sogar um 11 Prozent beziehungsweise 19 Prozent höher als beim Referenzhaushalt ohne smarte Anwendungen.
S-Quin: Zu welchen Smarthome-Elementen raten Sie aus Energiesparsicht am ehesten?
Quack: Am ehesten sind smarte Heizungsthermostate zu empfehlen. Sie erlauben eine individuelle, nutzungsangepasste Temperatursteuerung und auch die Temperaturabsenkung von Radiatoren.
Mehr zur Studie „Smart Home – Energieverbrauch und Einsparpotenzial der intelligenten Geräte“ des Öko-Instituts unter www.oeko.de.