Portfolio neu ausbalancieren

Wer sein Vermögen in Zeiten hoher Preissteigerungen erhalten will, muss strategisch vorgehen, sonst frisst die Inflation die Kaufkraft des Kapitals auf. Wie Anlegerinnen und Anleger das verhindern können.

Text: Thomas Luther

Viele Menschen schauen etwas zuversichtlicher in das Jahr 2023, denn die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Sätze kräftig erhöht, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Zwischen September und Dezember haben die Währungshüter den Leitzins, der jahrelang auf der Nulllinie verharrte, um insgesamt 2 Prozentpunkte angehoben. Damit ist Experten zufolge das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.

Am Aufbau von Wertpapiervermögen führt kein Weg vorbei

Doch bis die Inflation deutlich sinkt, kann es eine Weile dauern. „Die höheren Renditen, die sichere Zinsanlagen nun abwerfen, sehen nur auf den ersten Blick positiv aus. Den Kaufkraftverlust des angelegten Gelds durch die Teuerung wird das bei Weitem nicht ausgleichen“, stellt Gerald Forsbach, Wertpapierexperte der Sparkasse KölnBonn, fest. Mit einer Strategie, die ganz auf Sicherheit setzt, lässt sich die Inflation kaum austricksen. „Für langfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger führt an einem schrittweisen Aufbau von Wertpapiervermögen kein Weg vorbei“, betont Forsbach. „Nur so lässt sich die Möglichkeit wahren, das angelegte Kapital real im Wert zu erhalten und perspektivisch dann auch wieder echte Zuwächse zu erzielen.“

Pessimismus ist eingepreist

Dafür bieten sich insbesondere das Anlagerisiko breit streuende Aktienfonds an. Von der nervösen Stimmung an den Börsen und den derzeit widrigen Rahmenbedingungen durch den Ukrainekrieg und trübe Konjunkturaussichten sollten sich Anleger dagegen nicht ins Bockshorn jagen lassen. „Nach den starken Kursrückgängen ist mittlerweile viel Pessimismus an den Aktienmärkten eingepreist“, beobachtet der Sparkassenexperte. „Wer langfristig und dauerhaft an den Börsen investiert, findet in vielen Märkten wieder attraktiv bewertete Titel.“

So werden etwa die Aktien vieler europäischer Industrieunternehmen so niedrig bewertet wie zu Beginn der Pandemie. Deutsche Automobilwerte zum Beispiel, die in vielen Aktienfonds enthalten sind, kommen im Schnitt auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa vier. Das heißt: Wenn die Geschäfte weiterhin laufen wie bisher, haben sie in vier Jahren ihren Börsenwert verdient. Gleichzeitig bieten sie Dividendenrenditen von teilweise über 6 Prozent.

Der Haken: Wegen der Zinserhöhungen der Notenbanken rechnen Experten mit einem Einbruch der Konjunktur in der Euro-Zone. Dann fallen auch die Gewinne der Konzerne spärlicher aus. „Das sehen wir jedoch eher als Chance zum schrittweisen, gestaffelten Einstieg denn als Argument, Dividendentitel zu meiden. Eine breite Selektion verschiedener Branchen ist hierbei natürlich von Vorteil“, so Forsbach.

Weiterhin mit Kursschwankungen rechnen

Unterstützung bekommt er von Ulrich Kater, Chefökonom der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka. Er und sein Team rechnen damit, dass die negativen konjunkturellen Effekte durch hohe Energiepreise, steigende Zinsen und Inflation in Europa 2023 nachlassen werden. Die Notenbanken werden die Zügel ihrer Geldpolitik weiter straff halten. „Es wird weiterhin auch Rückschläge an den Börsen geben, aber dann auch Phasen mit kräftigen Kurserholungen“, prognostiziert Forsbach. „Daher sind Geduld und eine ruhige Hand gefragt.“

Fondslösungen bieten dabei für ihn auf Dauer die Chance, Renditen oberhalb der Inflationsrate zu erzielen. Ein gestaffelter Einstieg mit Teilbeträgen ist zudem eine Möglichkeit, sich an den Aktienmarkt heranzutasten und dessen Unwägbarkeiten wirksam zu begegnen. Für kleinere, regelmäßige Beträge bietet sich ein Fondssparplan an, der das Problem des falschen Einstiegszeitpunkts quasi aushebelt. Das geht ab 25 Euro monatlich.

Experten haben auch wieder Anleihen im Blick. Die Gesamtrendite von Euro-Unternehmensanleihen von Emittenten mit guter Schuldnerqualität hatte im Herbst 2022 erstmals seit zehn Jahren wieder die 4-Prozent-Marke überschritten. Noch höhere Renditen bieten wegen des höheren Zinsniveaus in den USA Dollar-Anleihen. Für Anleger aus der Euro-Zone besteht dabei zusätzlich noch die Aussicht, an Wertgewinnen des Dollar zu partizipieren.

Aber auch hier gilt: Die derzeit hohen Inflationsraten werden sich mit Anleihen nur dann ausgleichen lassen, wenn man deutliche Abstriche bei der Bonität der jeweiligen Schuldner macht. Ein Ausfall von Zinszahlungen und gegebenenfalls auch des angelegten Kapitals wird damit wahrscheinlicher.

Andere Anlageklassen

Die Entwicklung des Goldpreises hingegen hat bislang viele Anleger enttäuscht. Ein Grund dafür sind die steigenden Zinsen. „Gold wird wahrscheinlich nur dann interessant werden, sollte sich abzeichnen, dass die Notenbanken mit ihren Maßnahmen zu zaghaft bleiben und daher beim Kampf gegen die Inflation nicht richtig vorankommen“, so Forsbach. Ob es jedoch wirklich so weit kommt, ist fraglich.

Erste Indikatoren signalisieren, dass sich der Preisauftrieb abflacht

Ähnlich wie Gold stehen auch Immobilien im Ruf, eine dauerhaft inflationssichere Anlage zu sein. Doch auch bei diesem Investment sorgen die anziehenden Zinsen für Hypotheken für ungewisse Aussichten. „Erste Indikatoren signalisieren, dass sich der Preisauftrieb abflacht“, sagt Forsbach. „Die Marktverhältnisse bei Immobilien sind dabei, sich nach einer extremen Überhitzung zu normalisieren – auch deshalb, weil Anlegerinnen und Anleger wegen der höheren Zinsen auch bei einem Immobilieninvestment mehr als bisher auf die Rendite schauen werden.“ Allerdings: Anders als Gold werfen Immobilien laufende Erträge in Form von Mieterlösen ab.

Fazit: Geldanlage bleibt in Zeiten hoher Inflation eine Herausforderung. Perspektivisch bieten die Börsen wieder Einstiegsmöglichkeiten, wobei sich wegen der Risikoreduzierung Aktienfonds anbieten.

Beliebte Anlagen im Überblick

Neben Aktien sind Gold und Immobilien beliebte Anlageklassen. Ihre Stärken und Schwächen im Vergleich.

  • Aktien. Die Anteile an Unternehmen gelten als vergleichsweise inflationssicher, denn höhere Preise bedeuten für die Konzerne steigende Umsätze – und damit langfristig höhere Gewinne. Gegenwind bekommen die Kurse allerdings gerade in der ersten Phase eines Inflationsschubs, wenn die Notenbanken ihre Zinsen erhöhen. Anleihen werden damit vergleichsweise attraktiver.
  • Gold. Das Edelmetall gilt klassischerweise als sicherer Anlagehafen in unsicheren Zeiten. Doch damit es seine Stärken ausspielen kann, müsste die Inflation dauerhaft zweistellig bleiben. Das ist eher unwahrscheinlich. Eine Goldanlage birgt ein Kursrisiko, und anders als bei Anleihen fallen keine regelmäßigen Erträge an.
  • Immobilien. Das sogenannte Betongold steht im Ruf, ein Investment zu sein, mit dem sich die Substanz des investierten Vermögens über die Jahre hinweg real vergleichsweise gut erhalten lässt. Der Grund ist die Kombination aus Mieterträgen und der Aussicht auf Wertsteigerungen der Immobilie. Allerdings: Der starke Anstieg der Kaufpreise in den letzten Jahren wurde durch die niedrigen Zinsen getrieben. Der Faktor fällt nun weg, und es drohen Bewertungskorrekturen.

Fotos: Shutterstock

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