Anette Maiburg: „Viele Überraschungen im Programm“

Anette Maiburg, Flötistin und künstlerische Leiterin des Niederrhein Musikfestivals, gibt einen Ausblick auf die diesjährigen Konzerte, die zwischen dem 20. August bis 22. Oktober 2023 gespielt werden. Das Motto in diesem Jahr: „Classique Sürpriz – Musik und Wort in Bewegung“. S-Quin-Kunden können mit etwas Glück Tickets gewinnen. 

S-Quin-Magazin: Warum heißt das Motto des Festivals diesmal „Classique Sürpriz“?
Anette Maiburg: Zum einen gibt es bei uns immer spannende und überraschende Neuproduktionen. Zum anderen laden wir auch Ensembles ein, die viele Überraschungen im Programm haben – etwa, indem sie eigene Arrangements spielen. Und zum dritten bewegen wir uns im Programm oft zwischen Notation und Improvisation, was stets viel Überraschendes bringt.

Steht Ihr Festival wieder für eine Mischung aus Klassik, Jazz, lateinamerikanische, südeuropäische und Balkan-Klänge sowie Tanz und Lesungen?
Ja, wir bringen wieder ganz unterschiedliche Künstler zusammen aus den Bereichen Musik, Tanz und Literatur. Bei „Passione Italiana“ wird zudem erstmals Schauspiel in die Musik- und Tanzstücke eingeflochten – das ist ein echtes Gesamtkonzept. Diese Neuproduktion wird am 27. August in Schloss Dyck aufgeführt.

Ist das Festival diesmal kleiner?
Es sind ein oder zwei Programme weniger als in den letzten Jahren. Wie man sich denken kann, ist es aktuell schwieriger Gelder zu sammeln. Anders als in den Coronajahren gibt es weniger Unterstützung. Wir sind deshalb richtig froh über die Programmvielfalt, das wir auf die Beine stellen können. Sechs Konzerte plus zwei Werkstattkonzerte und Workshops sind ein sehr guter Rahmen – zumal wir mit den beiden Neuproduktionen und insbesondere dem Abschlusskonzert sehr anspruchsvolle Projekte haben.

Die Barockkirche Wickrathberg ist auch dieses Jahr einer der Schauplätze des Festivals. Foto: Klaus Stevens

Sie sprechen es an: „Ein Siegel aus Rubin – jüdische Kulturdialoge“ ist der Titel des großen Abschlusskonzerts. Wagen Sie sich das erste Mal an das Thema jüdische Kultur?
Ja, das ist eine Premiere. Wir präsentieren unterschiedliche jüdische Musikstile und haben so eine schöne Mischung! Mit Shai Terry haben wir eine wunderbare Sängerin gewinnen können, die aus Israel stammt und in Wiesbaden lebt. Und mit Lena Gorelik haben wir eine ganz tolle junge Autorin zu Gast. Sie stammt aus Sankt Petersburg und ist im Alter von zehn Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland ausgewandert.

Was präsentiert die Autorin?
In kleinen Erinnerungen beschreibt sie die Herausforderungen, die es zu meistern gilt, wenn man eine Kultur verlässt und in einer neuen ankommt. Das ist so fantastisch geschrieben, dass man sofort emotional mit hineingezogen wird. Bei solchen Themen ist es wichtig, dass es zu Begegnungen kommt, damit Menschen verstehen, was es bedeutet, ein Land zu verlassen und sich hier neu zu finden. Es ist immer wieder schön, dass wir Künstler dabeihaben, die ihre Wurzeln im Ausland haben und hier fantastisch ihren Lebensweg finden. Ähnlich war es auch beim Iran-Projekt im vergangenen Jahr. Alle drei beteiligten Künstler aus dem Iran haben sich hier komplett etabliert und wir profitieren enorm von dem künstlerischen Austausch!

Die Sopranistin Terry Shai präsentiert eine große Bandbreite von Musik jüdischer Komponisten. Foto: Aaron Cawley

Wie wird die jüdische Musiktradition vermittelt?
Shai Terry wird unterschiedliche Lieder auf Jiddisch singen. Die Musik stammt unter anderem von dem in München geborenen israelischen Komponisten Paul Ben-Haim und wird für das Maiburg-Ensemble speziell arrangiert. Wir sind ein festes Ensemble und es ist auch wichtig, bei den Neuproduktionen eine Konstante zu haben, denn wir müssen die neuen Künstler ja integrieren. Wir haben im Abschlusskonzert aber auch zum Beispiel Klezmer-Musik und ein Werk von Ravel im Programm. Es wird also wieder ein Rundum-Programm von der Klassik bis zur traditionellen Musik. Das Konzert wird übrigens vom Diversitätsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Gibt es weitere neue Musikrichtungen, an die Sie sich diesmal heranwagen?
Wir hatten schon ziemlich viel im Repertoire. Auch diesmal geht es darum, klassische Musik und World Music mit Jazz- und Pop-Elementen zu erweitern. Es kommt jetzt aber keine neue Stilrichtung hinzu.

Sie würdigen diesmal aber auch Bach? Wie passt das ins Konzept?
Ja, genau! Wir haben eine kleine Referenz an das Bach-Jahr mit „Uwaga!“. Das ist ein Ensemble, das bereits bei uns zu Gast war und wir sehr schätzen. Die Betreuer vom Tuppenhof haben sich ein Gastspiel dieses Ensembles gewünscht und dem Kommen wir gern nach. „Uwaga!“ interpretiert Bach mit Mitteln des Balkan-Groove und Jazz; die Musiker sind sehr erfindungsreich und witzig in ihrer Moderation – da ist auf jeden Fall für Stimmung gesorgt. Und Christoph König, der Geiger des Ensembles, arrangiert auch Teile unseres jüdischen Projekts. Er ist ein ganz toller Arrangeur, mit dem ich schon seit Jahren zusammenarbeite.

Uwaga! Foto: Ebbert & Ebbert Fotografie

Wird dieses Jahr auch getanzt?
Ja, und zwar gleich doppelt. Einmal im Programm „Zauber der Alhambra“, dass wir vor drei Jahren uraufgeführt haben. Damals konnten coronabedingt leider nicht so viele Besucher kommen – deswegen wiederholen wir es jetzt. Mit Norma Magalhaes ist eine fantastische Tänzerin mit brasilianischen Wurzeln vom Düsseldorfer Ballett dabei. Martin Chaix, der weltweit erfolgreich tätig ist, hat das Programm choreografiert. Das zweite Konzert mit Wort und Tanz ist „Passione italiana“, das ebenfalls im Innenhof von Schloss Dyck aufgeführt wird. Dort ist der brasilianische Tänzer Kauan Soares dabei. Wir haben mit Neshama Nashman eine junge Choreographin engagiert, die wie Soares beim Düsseldorfer Ballett tätig ist – wir haben zum Glück einen hervorragenden Draht dorthin.

Das Festival entsteht immer im engen Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern. Welche Impulse haben Sie diesmal besonders beeindruckt?
Bei „Passione Italiana“ präsentiert Friederike von Krosigk die literarischen Texte und Schauspiel-Einlagen. Wir arbeiten seit Jahren ausgezeichnet zusammen. Als Musikerin und Schauspielerin bringt sie immer sehr viele gute Ideen ein, auch zu Dingen wie Aufbau, Bühne und die Einbeziehung der Musiker in den Schauspiel-Teil. Auch mit dem Gitarristen des Konzerts, Klaus Jäckle, arbeite ich seit Jahren zusammen und es macht immer wieder Spaß sich auszutauschen. Wir haben richtig schöne Stücke zum Thema Italien gefunden. Das wird einfach ein großartiges romantisches Programm – da hoffe ich nur noch auf das passende sonnige Wetter.

Friederike von Krosigk. Foto: Ira Weinrauch

Besteht das Begleitprogramm auch diesmal aus Musikvermittlung, Workshops und dem digitalen Konzertsaal?
Ganz genau. Wir werden wieder Konzertvideos und einige Podcast Folgen produzieren. Dafür werde ich im Vorfeld des jeweiligen Konzerts Künstlerinnen und Künstler einladen. Wir besuchen auch wieder ab Herbst wie im letzten Jahr mehrere Schulen. Diesmal machen wir die Workshops für zehnte Klassen, weil wir dazu mit zwei Autorinnen unterwegs sein werden und dies eher für ältere Schülerinnen und Schüler geeignet ist. Wir gehen mit dem letztjährigen Iran-Projekt und dem jüdischen Projekt in das Gymnasium Jüchen, die Gesamtschule Jüchen, die Sankt-Benedikt-Hauptschule in Düsseldorf sowie in die Rupert-Neudeck-Gesamtschule in Krefeld.

Wie reagieren die Kinder auf diese Workshops?
Das ist immer eine große Freude! Und auch für uns aufregend. Wir gehen ja nicht als Pädagogen, sondern als Künstler an die Schulen. Wir öffnen einfach mal eine andere Tür, die einigen vielleicht ganz fremd ist – letztes Jahr waren wir zum Beispiel mit einem iranstämmigen Hiphop-Tänzer unterwegs. Für die Schüler war das ganz spannend, etwas über sein Leben zu erfahren und von ihm ein paar Moves zu lernen. An einer Schule hatten wir dabei ein ganz schönes Erlebnis: Ein Schüler hat sich immer gemeldet, als es darum ging mitzumachen. Später haben wir erfahren, dass es ein autistisches Kind war, dass sich vorher nie getraut hatte, bei etwas mitzumachen – und Hiphop war absolut sein Ding! Die Lehrer waren einfach nur platt! Das geht schon sehr ans Herz.

So erhalten Sie Tickets

Karten sind im Vorverkauf bei allen bekannten Vorverkaufsstellen, online bei www.westticket.de und telefonisch unter 0211 274000 erhältlich. Karten für den Tuppenhof gibt es ausschließlich über Frau Rottländer, Telefon 02131 989533 oder rottlaender@tuppenhof.de. Weitere Informationen: www.niederrhein-musikfestival.de und hier: https://s-quin-magazin.de/niederrhein-musikfestival-2023/

Mit S-Quin Tickets gewinnen

S-Quin verlost jeweils 2 × 2 Freikarten für das Open-Air-Konzert „Zauber der Alhambra – Musik, Tanz und Poesie aus Spanien“ am 20.08.2023 im Innenhof von Schloss Dyck. Das Gewinnspiel und die Teilnahmebedingungen finden Sie auf www.s-quin.de. Teilnahmeschluss: 15.07.2022.

Die Interviewfragen stellte Gunnar Erth. Titelfoto: Orion Dahlmann

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