Es klingt verlockend: den eigenen Strom erzeugen und sich so unabhängiger von den schwankenden Energiepreisen machen. Wir zeigen, welche Optionen zur Stromselbstversorgung Hauseigentümer und Mieter haben.
Text: Stefanie Hutschenreuter
Die Photovoltaikanlage auf dem Dach ist die bewährteste Methode, Strom selbst zu erzeugen. Wenn das Sonnenlicht auf die Zellen trifft, werden Elektronen angeregt, sich zu bewegen. Es fließt Strom. Ein Wechselrichter wandelt den so erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom fürs Haus um.
„Es gibt kaum Dächer in Deutschland, die nicht dafür geeignet sind“, sagt Stefan Hoffmann, Energieberater der Verbraucherzentrale NRW. „Selbst früher als suboptimal geltende Dächer mit Ost-West-Ausrichtung sind mittlerweile durch die gestiegene Bedeutung des Eigenverbrauchs genauso gut oder sogar besser geeignet als Dächer mit reiner Südausrichtung.“ Das liegt daran, dass der Solarertrag gegen Mittag am höchsten ist und zu den Tagesenden abflacht.
Verteilt man bei einer Ost-West-Ausrichtung die Solarzellen je zur Hälfte auf die Ost- und die Westseite des Dachs, erzeugt die Anlage vom ersten bis zum letzten Sonnenstrahl Strom. Und das deckt sich besser mit dem typischen Verbrauchsprofil eines Haushalts. Und: Die PV-Anlage rechnet sich schneller. Denn die selbst erzeugte Kilowattstunde kostet weit weniger als das, was Stromlieferanten verlangen.
Stromspeicher: teuer, aber effektiv
Bei richtiger Auslegung der Anlage lässt sich bis zu ein Drittel des eigenen Strombedarfs mit Eigenstrom decken. „Etwa ein weiteres Drittel kommt dazu, wenn man einen Stromspeicher hinzunimmt“, erklärt der Verbraucherschützer. Allerdings sind Batteriespeicher nach wie vor vergleichsweise teuer, sodass sie sich meist nur bei einem sehr hohen Strombedarf amortisieren. Bei der Abschätzung der Wirtschaftlichkeit sollte man mit einer Nutzungsdauer von zehn Jahren kalkulieren.
„Wenn man bei seiner Kalkulation auf null kommen will, muss sich die PV-Anlage spätestens nach 20 Jahren bezahlt machen“, so Hoffmann. Schließlich ist auch die mit Inbetriebnahme der Anlage startende Einspeisevergütung auf 20 Jahre festgelegt. Mit der Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) wurden die Einspeisevergütungen angehoben. Betreiber von Anlagen bis 10 Kilowatt-Peak (kWp) Spitzenleistung, wie sie für Ein- und Zweifamilienhäuser typisch sind, erhalten seit dem 30. Juli 2022 8,2 Cent pro eingespeister Überschuss-Kilowattstunde. Die neuen Vergütungssätze gelten für alle Neuanlagen, die 2023 in Betrieb gehen.
Mehr Geld bei Volleinspeisung
Neu ist, dass Anlagen mit Volleinspeisung noch höhere Vergütungssätze erhalten. Anlagen bis 10 kWp bekommen 13 Cent pro Kilowattstunde. „Bei sehr großen Dächern kann es sich daher lohnen, zwei Anlagen zu bauen: eine mit Überschusseinspeisung und eine mit Volleinspeisung“, sagt Hoffmann. Mit dem Online-Renditerechner der Stiftung Warentest können Hauseigentümer schnell ermitteln, ob sich eine Solarstromanlage für sie rechnet.
Für die Anschaffung einer PV-Anlage gibt es staatliche Fördergelder. Über das KfW-Programm „Erneuerbare Energien – Standard (270)“ lassen sich Anlagen zinsgünstig finanzieren. Auch einige Bundesländer und Kommunen haben Förderprogramme. Die Bundesregierung fördert Photovoltaik darüber hinaus noch mit Steuererleichterungen. So ist seit Januar 2023 bei der Anschaffung einer Solarstromanlage und des dazugehörigen Stromspeichers keine Umsatzsteuer mehr zu zahlen.
Außerdem gilt für Anlagen bis 30 kWp rückwirkend zum Januar 2022 eine Befreiung von der Einkommensteuer. Das bedeutet, dass auf die Einnahmen aus dem Verkauf von Solarstrom wie auch für die private Nutzung keine Einkommensteuer gezahlt werden muss. „Das heißt aber auch, dass es keine Abschreibungsmöglichkeiten mehr gibt. Gleichwohl will das Finanzamt informiert sein, dass man eine PV-Anlage betreibt“, erläutert Experte Hoffmann. Zudem muss eine neue Anlage beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden.
Alternativ zum Kauf können Hauseigentümer eine Photovoltaikanlage auch mieten. Das kommt jedoch laut Verbraucherzentrale NRW über eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren meist teurer als der Kauf einer Anlage.
Steckerfertige Mini-Solaranlagen
Strom lässt sich auch mit einem Balkonkraftwerk selbst erzeugen. Dabei handelt es sich um eine steckerfertige Mini-Energieerzeugungsanlage, die meist aus zwei Solarmodulen und einem Wechselrichter besteht und bis zu 600 Watt ins Hausnetz einspeisen darf. Dort steht die Sonnenenergie dann sofort zum eigenen Verbrauch bereit. Nicht genutzter Eigenstrom fließt unvergütet ins öffentliche Netz. Der Vorteil: Die Mini-Solargeräte sind auch für Mieter oder Wohnungseigentümer relativ einfach zu installieren, wenn sie die Erlaubnis des Vermieters oder der Eigentümergemeinschaft haben.
Dennoch sind bei der Installation Regeln zu beachten (siehe Interview). Gemäß der Photovoltaikstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums sollen sie allerdings in naher Zukunft vereinfacht werden. Unter anderem ist geplant, die Anmeldepflicht beim Netzbetreiber wegfallen zu lassen, die Leistungsgrenze auf 800 Watt anzuheben und Schukostecker als Energiesteckvorrichtung zuzulassen. „Aktuell ist ein spezieller Einspeisestecker gefordert“, erklärt Energieberater Hoffmann. Wichtig zu wissen: Bei einem Stromausfall funktionieren Mini-PV-Anlagen nicht, denn sie brauchen Netzspannung, um einspeisen zu können.
Alternativen zur Photovoltaik
Weniger verbreitet in Privathaushalten sind Kleinwindkraftanlagen, vor allem wegen ihrer niedrigen Ausbeute. Eher gegen eine Kleinwindkraftanlage sprechen auch die niedrigere Einspeisevergütung und mögliche Geräusche durch die Rotorblätter.
Auch mit einer stromerzeugenden Heizung lässt sich Strom daheim produzieren. Ein modernes Blockheizkraftwerk (BHKW) etwa erzeugt hocheffizient sowohl Wärme als auch Strom. Für den Betrieb ist aber fossiles Erdgas nötig. BHKWs eignen sich zudem hauptsächlich für Gebäude, die das ganze Jahr über einen hohen Wärme- und Strombedarf haben. „Für Ein- und Zweifamilienhäuser ist ein BHKW meist zu teuer“, sagt Hoffmann.
„Unbedingt Experten hinzuziehen“
Jannik Schlegel von der Initiative Elektro+ zur Installation von Balkon-PV-Anlagen.
S-Quin: Darf jeder eine Mini-PV-Anlage selbst installieren?
Schlegel: Ja und nein. Sind bereits eine Energiesteckdose, ein eigener Stromkreis mit gesondertem Schutzschalter und ein analoger Stromzähler mit Rücklaufsperre oder ein digitaler Zweirichtungszähler vorhanden, dürfen auch Laien eine Mini-PV-Anlage bis maximal 600 Watt selbst in Betrieb nehmen. Wer sich jedoch in irgendeinem dieser Punkte unsicher ist, sollte unbedingt eine elektrotechnische Fachkraft hinzuziehen.
S-Quin: Gibt es sonst noch etwas zu beachten?
Schlegel: Die Geräte müssen das CE-Prüfzeichen tragen. Dann muss die Anlage wetterresistent und sturmsicher befestigt werden. Und bislang muss ein Balkonkraftwerk beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister angemeldet werden. Es kann sein, dass der Netzbetreiber den Stromzähler tauschen muss, was Kosten verursachen kann.
S-Quin: Was halten Sie vom Plan der Bundesregierung, die Regeln für Installation und Betrieb von Balkonkraftwerken zu vereinfachen?
Schlegel: Prinzipiell spricht nichts gegen die Erhöhung der Leistungsgrenze von 600 auf 800 Watt. Kritischer sehe ich die Duldung von Schukosteckern. Damit steigt die Gefahr, dass Verbraucher über eine übliche Mehrfachsteckdose mehrere Mini-PV-Anlagen parallel betreiben und so den maximal erzeugbaren Strom unzulässig erhöhen.
S-Quin: Wird der Kauf solcher Anlagen gefördert?
Schlegel: Viele Stadtwerke, Kommunen und Bundesländer haben Förderprogramme aufgelegt. Und: Die Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Anlagen gilt auch beim Kauf eines Balkonkraftwerks.