Er ist wieder da: Donald Trump wird am 20. Januar 2025 erneut ins Weiße Haus einziehen. Die Finanzmärkte haben sich längst auf die neuen Zins- und Konjunkturaussichten in den USA eingestellt. Und dennoch: Einige Branchen werden vom Wahlsieg stärker beflügelt werden als andere. Welche Chancen und Risiken Anleger im Auge haben sollten und was der Wahlausgang für die Börse und die Handelsbeziehungen bedeutet.
Text: Thomas Luther
Donald Trump lächelt zufrieden am Rednerpult in der Kongresshalle in West Palm Beach, Florida. Im Hintergrund US-Flaggen, neben ihm Dutzende Menschen, seine Familie, sein Vizepräsident J. D. Vance, Freunde und Unterstützer. So feierte Trump am 6. November seinen Erdrutschsieg. Anders als bisweilen befürchtet, liefen die Wahlen ohne Störungen ab. Auch gab es keine Hängepartie wegen neuer Stimmauszählungen. Schnell stand der Sieg von Trump fest. „Das war für Wirtschaft und Finanzmärkte erst einmal ein Grund zur Erleichterung“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka. „Damit ist ein Teil der politischen Unsicherheit in der größten Volkswirtschaft der Welt vom Tisch.“
Trump ließ die Kurse steigen
Die US-Aktien reagierten in den Tagen danach euphorisch auf den Wahlentscheid. Vor allem die Kurse der großen Technologiekonzerne wie Apple und Alphabet legten zu. Zusätzlicher Rückenwind kam von der US-Notenbank: Zwei Tage nach der Wahl senkte sie ihren Leitzins um einen Viertelprozentpunkt. Erst im September war der Satz um 0,5 Prozentpunkte heruntergesetzt worden. Lange Zeit hatten die Notenbanker gezögert, ihren straffen Zinskurs zu ändern, mit dem sie zwei Jahre lang den Anstieg der Inflation bekämpft hatten. Doch seit den Sommermonaten hat sich der Preisauftrieb in den USA deutlich abgeschwächt.
Auch auf dem zeitweise leer gefegten US-Arbeitsmarkt zeichnet sich eine Wende ab. Die Arbeitslosenquote verharrte im Oktober bei 4,1 Prozent. Zugleich wurden deutlich weniger Stellen als im Vormonat geschaffen. Ein schwacher Arbeitsmarkt macht es für die Beschäftigten schwieriger, Lohnerhöhungen zu verhandeln. Wenn die Löhne stabil bleiben oder nur wenig steigen, beruhigt das die Inflation. Nach Einschätzung von Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank, ergibt sich so für die Notenbank Spielraum für weitere Zinssenkungen (siehe Interview).
„Die US-Konjunkturprognosen müssen jetzt nicht umgeschrieben werden“, ergänzt Kater. „Eine Rezession ist nicht zu erwarten, auch weil tendenziell mit unternehmensfreundlichen und wachstumsfördernden Maßnahmen der neuen US-Regierung zu rechnen ist, sodass das Szenario einer dynamischen US-Wirtschaft weiter intakt ist.“
Die US-Wirtschaft ist gut aufgestellt
Neben verbesserten Rahmenbedingungen infolge der sinkenden Zinsen und Energiepreise kommt der US-Wirtschaft zugute, dass sie strukturell sehr gut aufgestellt ist. „Sie ist führend in wichtigen Zukunftstechnologien wie Digitalisierung und KI. Bei vielen Themen ist sie autark, weil es keine oder nur geringe Abhängigkeiten von anderen Ländern gibt. Und nicht zuletzt liegt der größte Kapitalmarkt der Welt vor der Haustür“, fasst Schallmayer die positiven Rahmenbedingungen in den USA zusammen. „Damit hat die weltgrößte Volkswirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen der Welt hervorragende Karten.“
Sorgen indes bereitet Ökonomen, dass Trump hohe Zölle auf Waren aus der EU und China erheben will. Das könnte zu einem neuen Handelskrieg führen. „Zölle und Handelshemmnisse werden die Transaktionskosten erhöhen und zu erheblichen Verwerfungen in der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führen“, glaubt Konjunkturexperte Michael Grömling vom Institut der deutschen Wirtschaft.
Exporte werden erschwert
Für deutsche Chemie- und Pharmaunternehmen sowie Maschinenbauer ist das keine gute Nachricht, weil sie stark in die USA exportieren. Dagegen ergeben sich für deutsche Konzerne, die bereits in den USA produzieren, zusätzliche Chancen. „Trump wird wahrscheinlich nicht nur Zölle erhöhen, sondern auch die Unternehmensteuern senken“, sagte Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, der Deutschen Presse-Agentur. Die Wahl von Trump dürfte den Standort USA daher attraktiver machen. „Die Verteuerung von Importen werden allerdings auch die US-Konsumenten zu spüren bekommen“, ergänzt Grömling.
Gemischte Gefühle löst bei vielen Experten aus, dass die Republikaner in beiden Kammern des US-Kongresses die Mehrheit erringen konnten. Das hat nach Einschätzung von Schallmayer durchaus Auswirkungen auf die Finanzmärkte, weil der neue US-Präsident damit auch größere politische Vorhaben schnell durchsetzen kann. „Das gilt zum Beispiel für die Finanzierung des Staatshaushalts“, erläutert er. Die USA sind derzeit mit rund 35 Billionen US-Dollar verschuldet. Als Reaktion auf das Wahlergebnis stiegen die Zinsen für US-Staatsanleihen daher deutlich.
Anders sieht der Ausblick bei Aktien aus. Christoph Witzke, Leiter CIO-Office und Fondsmanager bei der Deka, rechnet damit, dass lange vernachlässigte Branchen der Old Economy in den kommenden Monaten stärker in den Vordergrund rücken werden. „Allen voran die heimischen Energieunternehmen rund um Öl und Gas“, sagt er. In einer Auswertung von ihm, die den Zeitraum von 1992 bis heute umfasst, nehmen Aktien aus dem Energiesektor in den neun bis zwölf Monaten nach einer US-Wahl einen Spitzenplatz bei der relativen Marktstärke ein – unabhängig davon, welche Partei in diesem Zeitraum jeweils den Präsidenten stellte.
Computerchips bleiben gefragt
Auch der Halbleitersektor dürfte sich weiterhin gut entwickeln. „Trump wird darüber wohl seine schützende Hand halten, weil er das aus seiner Sicht zukunftsträchtige Geschäft rund um Krypto und Blockchain am Laufen halten will“, prognostiziert Witzke. Gute Zeiten sieht er auch auf klassische, energieintensive Industrien wie Stahl, Automobil und zyklische Konsumgüter zukommen. „Das gilt vor allem für Unternehmen, die in der Regel stärker von der Binnenkonjunktur abhängig sind als global agierende Konzerne“, betont er. „Letztere könnten durch Zölle und Handelsbarrieren Gegenwind bekommen.“
„Unabhängig vom Wahlausgang dürften US-Small- und Mid-Caps stärker von den günstigeren Finanzierungsbedingungen infolge der Leitzinssenkungen profitieren als Großunternehmen“, bringt Philipp Spormann, Leiter Aktien Global/Regionen bei der Deka, einen anderen Aspekt ins Spiel, „denn sie sind im Durchschnitt höher verschuldet und zahlen aufgrund ihrer schlechteren Bonität höhere Zinsen.“ Viele sind daher relativ günstig zu haben, was sich nun ändern könnte.
Einfach in den USA investieren
Für den bequemen Einstieg in den breiten US-Aktienmarkt bieten sich börsengehandelte Indexfonds (ETFs) oder auch aktiv gemanagte Fonds an.
Entsprechende ETFs gibt es auch bei der Deka – etwa den Deka S&P 500, den Deka Nasdaq-100 und gleich in vier Varianten den Deka MSCI USA. Aktiv gemanagte Fonds wie der DekaSpezial sind eine überlegenswerte Alternative, um stärker an der Entwicklung einzelner US-Branchen zu partizipieren.
Im Sommer bestanden rund drei Viertel des Fonds-Portfolios aus US-Titeln vor allem aus dem Technologiebereich. Wegen der Unsicherheiten rund um die Wahl hat Fondsmanager Sergio Macias den US-Anteil gesenkt. „Mittel- bis langfristig bleibt es aber bei der Favoritenrolle der USA im Portfolio“, sagt er.
Anleger sollten sich bei ihren Entscheidungen nicht nur von der neuen US-Regierung leiten lassen. Die Folgen einer Trump-Agenda werden sich erst mittelfristig zeigen. „Im Fokus der Anleger sollten die strukturellen gesellschaftlichen Megatrends stehen, die die Wirtschaft und einzelne Unternehmen weltweit treiben und stützen. In den Märkten und Branchen, die davon nachhaltig profitieren, gilt es zu investieren“, empfiehlt Deka-Experte Christoph Witzke.
„US-Firmen mit hohem Gewinnpotenzial“
Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank, im Gespräch.
S-Quin: Werden US-Aktien ihren Aufwärtstrend unter Präsident Trump fortsetzen?
Schallmayer: Die US-Wirtschaft ist in einer guten Ausgangslage. Es gibt herausragende Technologiekonzerne mit guten Gewinnperspektiven. Gleichzeitig gibt es in der zweiten und dritten Reihe viele Unternehmen, die bei einer wirtschaftsfreundlichen Politik hohes Gewinnpotenzial haben. Für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte wird es jedoch darauf ankommen, wie Donald Trump seine Ankündigungen konkret umsetzt.
S-Quin: Wie geht es weiter bei den US-Zinsen?
Schallmayer: Die Fed hat die Tür für weitere Zinssenkungen offen gelassen. Sie wird in den kommenden Monaten die Sätze nach Marktverfassung und Datenlage weiter nach unten nehmen. Für die Aktienmärkte ist diese Perspektive ein wichtiger Unterstützungsfaktor.
S-Quin: Wie schätzen Sie die Perspektiven für US-Staatsanleihen ein?
Schallmayer: Die lang laufenden Zinsen sind in den USA aus Sorge vor ansteigenden Staatsdefiziten schon vor der Wahl stark angestiegen. Ob sich dieser Trend fortsetzt, hängt davon ab, welchen Kurs Trump in der Fiskalpolitik einschlägt und wie er die angekündigte Zollpolitik betreibt. Beides gibt der Inflation unter Umständen neuen Schub. Allerdings könnte ein Großteil dieser Effekte bereits eingepreist sein.
S-Quin: Sollte man aufgrund der Politik von Trump auf das im Preis stark gestiegene Gold setzen?
Schallmayer: Gold ist eine Möglichkeit, das eigene Portfolio zusätzlich zu diversifizieren. Die Unsicherheiten in Bezug auf Trumps Politik werden uns ebenso wie die geopolitischen Spannungen weiter beschäftigen. Entsprechend behält Gold in maßvollen Anteilen seine Berechtigung.
Fotos: Adobe Stock, Deka, dpa/Picture Alliance