Alles unter einem Dach

Wenn der Nachwuchs volljährig wird, ändert sich einiges bei den Finanzen – selbst wenn Sohn oder Tochter noch zu Hause wohnt, etwa wegen Schule, Ausbildung oder sozialem Jahr. Was bei Kindergeld, Versicherungen, Konten und Verträgen zu beachten ist.

Text: Katja Stricker

Häufig wohnt der Nachwuchs auch nach Erreichen der Volljährigkeit bei den Eltern. Doch selbst dann bedeutet der Übergang ins Erwachsenensein in vielen Bereichen mehr Verantwortung, denn mit 18 Jahren ist die volle Geschäftsfähigkeit erreicht. Daher ist oft der elterliche Rat in Sachen Finanzen, Versicherungen und Verträge gefragt.

Das hat auch eine Umfrage des Beratungsdienstes Geld und Haushalt aus dem Jahr 2022 ergeben. In den meisten Familien sind die Eltern auch für junge Erwachsene noch der erste Anlaufpunkt, wenn es um komplexere Finanzfragen wie Versicherungen, Sparanlagen oder Behördenanträge geht. Hier ein Überblick, was sich mit der Volljährigkeit ändert, damit Eltern ihre Kinder beim Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit gut unterstützen können.

Kindergeld

Prinzipiell zahlt die Familienkasse Kindergeld bis einschließlich des Monats, in dem das Kind 18 wird. Auch danach gibt es die Leistung, aktuell 250 Euro monatlich, solange die Kinder Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren. Dazu müssen Eltern einen Nachweis erbringen. Spätestens zum 25. Geburtstag stellt der Staat die Auszahlung ein; auch Kinderfreibeträge können Eltern dann nicht mehr steuerlich absetzen.

Viele junge Erwachsene zieht es zwischen Schulabschluss und Ausbildungs- oder Studienbeginn ins Ausland, oder sie jobben. Dauert die Übergangszeit maximal vier Monate, fließt das Kindergeld weiter. Wer länger auf Weltreise geht oder einen Work-and-Travel-Trip macht, erhält nach der Viermonatsfrist in der Regel kein Kindergeld.

Beim Studium im Inland profitieren junge Leute, wenn sie daheim wohnen. Wer ins Ausland geht, muss sich besser absichern.

Anders, wenn der Ausbildungscharakter erhalten bleibt. Deshalb sollte Ihr Nachwuchs bei einem längeren Auslandsaufenthalt als Au-pair an einem Sprachkurs mit mindestens zehn Unterrichtsstunden pro Woche teilnehmen. Dann läuft das Kindergeld weiter. Das gilt auch für den Freiwilligendienst.

Ihr Kind darf in gewissen Grenzen eigenes Geld verdienen, ohne den Anspruch auf Kindergeld zu verlieren. Das ist etwa im Rahmen der Erstausbildung der Fall oder auch bei einem Minijob mit einem Verdienst von bis zu 538 Euro monatlich. Wer neben dem Studium regelmäßig jobbt, darf nur bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten. Eine Beschäftigung mit mehr Stunden ist höchstens vorübergehend in Ordnung, etwa in den Semesterferien.

Wichtig: Alleinerziehende sollten das Finanzamt früh darüber informieren, wenn ein im Haushalt lebendes Kind 18 Jahre alt wird und weiterhin Kindergeldanspruch besteht. Nur so kann auch die vorteilhafte Steuerklasse II für Alleinerziehende beibehalten werden.

Krankenversicherung

Eine Krankenversicherung ist elementar. In vielen Fällen sind die Kinder auch nach dem 18. Geburtstag in der gesetzlichen Familienversicherung beitragsfrei mitversichert. Etwa, wenn der Nachwuchs zur Schule geht, studiert oder ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. Ist Sohn oder Tochter nicht erwerbstätig, gilt die Beitragsfreiheit bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres, befindet sich das Kind in Schulausbildung oder Studium, liegt die Grenze beim 25. Lebensjahr. In der Regel muss ein Ausbildungsnachweis an die Krankenkasse erbracht werden.

Krankenversicherung und Privathaftpflicht sind für jeden wichtig. Wer in der Ausbildung ist und bei den Eltern wohnt, ist länger mitgeschützt.

Wichtig: Die Beitragsfreiheit geht verloren, wenn der Nachwuchs zu viel selbst verdient. Die Grenze liegt für 2024 bei monatlich 505 Euro – oder 538 Euro, wenn es sich um einen Minijob handelt. Ein Azubi mit eigenem Einkommen ist daher meist in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Sind die Kinder über die Eltern privat krankenversichert, ändert sich mit der Volljährigkeit nichts. Wenn der Nachwuchs eine Ausbildung oder ein Studium beginnt, kann er meist entscheiden, ob er weiterhin privat versichert bleiben will oder in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln möchte.

Weitere Versicherungen

Ein Muss ist eine Privathaftpflicht. Wenn Sie einen Familientarif haben, sind auch Ihre volljährigen Kinder in der Regel über den Vertrag geschützt. Diese Tarife gelten meist bis zum Ende der ersten Ausbildung oder dem Studienabschluss – oder bis das Kind in die eigene Wohnung zieht. Im Zweifel bei der Versicherung nachfragen, wie die Konditionen im Detail sind. Bei längeren Auslandsaufenthalten, etwa als Au-pair oder im Studium, ist eine eigenständige Auslandskrankenversicherung unverzichtbar.

Stichwort Konten: Mit dem 18. Geburtstag kann Ihr Kind ein eigenes Girokonto eröffnen oder das bisherige weiterführen. Meist ist das Konto weiterhin gratis, wenn Sie nachweisen, dass Ihr Kind noch Schüler ist, studiert, eine Ausbildung oder einen Freiwilligendienst macht. Mit der Volljährigkeit kann Ihr Sohn oder Ihre Tochter jetzt auch eine Kreditkarte mit einem gewissen Kreditrahmen beantragen sowie eventuell einen Überziehungskredit.

„Eltern sollten ihren Kindern die finanzielle Selbstständigkeit zutrauen und sie auch gut vorbereitet in diese entlassen“, sagt Korina Dörr, Leiterin des Beratungsdienstes Geld und Haushalt. Jedoch können beide Seiten gute Gründe haben, eine Kontovollmacht für die Eltern beim Geldinstitut zu veranlassen oder dies sogar vorerst, etwa bis zum Abschluss der Ausbildung, in den Händen der Eltern zu lassen.

Beispielsweise, wenn Sohn oder Tochter einen längeren Auslandsaufenthalt plant, etwa ein Gap-Year nach dem Abitur oder ein Auslandssemester, oder sonstige Vertretungsregelungen notwendig sind. Wichtig: Die Vollmacht sollte auch hier nur eine unterstützende und keine kontrollierende Funktion haben.

Wer für Verträge haftet

Generell gilt: Ab 18 Jahren müssen junge Erwachsene selbst für Verträge haften, die sie unterschrieben haben.

Dessen ungeachtet können Eltern ihren Kindern anbieten, neue Verträge gemeinsam durchzuschauen, um Abofallen und schlechte Konditionen zu vermeiden. Bestehende Verträge, etwa für Smartphone, Fitnessstudio oder Streamingdienste für Musik, TV und Filme, die bisher über die Eltern gelaufen sind, können jetzt angepasst und auf das Kind überschrieben werden. Eventuell ist es aber günstiger, weiterhin die rabattierten Familientarife und den Familienaccount gemeinsam zu nutzen. Häufig reicht es, einen Nachweis einzureichen, dass der Volljährige noch Schüler, Student oder Azubi ist, um weiterhin die Preisnachlässe zu bekommen.

 

„Das Gespräch suchen“

Korina Dörr ist Leiterin des Beratungsdienstes Geld und Haushalt.

S-Quin: Sollten Kinder, die schon verdienen, aber bei den Eltern wohnen, Geld zu Hause abgeben?
Dörr: Das hängt natürlich von der finanziellen Situation der Familie ab. Mein Tipp: Suchen Sie das Gespräch und spielen Sie mit offenen Karten, wie hoch das Familieneinkommen ist, welche festen Ausgaben es gibt und was zum Leben übrig ist. So bleibt das Thema Kostenbeteiligung auf einer sachlichen Ebene, und Sie finden gemeinsam einen Betrag, der der Familiensituation gerecht wird. Als Faustregel hat sich bewährt: ein Drittel sparen, ein Drittel zur freien Verfügung, ein Drittel an die Eltern für Kost und Logis.

S-Quin: Wie lange sind Eltern fürs finanzielle Auskommen der Kinder verantwortlich?
Dörr: Grundsätzlich muss jeder, der volljährig ist, für sich selbst sorgen. Aber die Eltern und der Staat haben eine Fürsorgepflicht. Die gilt, solange die erste Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtet sich nach dem Einkommen der Eltern, dem Alter des Kindes und den unterhaltsbedürftigen Geschwistern. Eine Richtlinie gibt die Düsseldorfer Tabelle. Die Eltern können auch Unterkunft und Verpflegung stellen, um ihrer Fürsorge nachzukommen. Auch hier empfiehlt sich ein gemeinsames Gespräch, wenn das Kind volljährig wird oder die Schule beendet.

S-Quin: Haften Eltern auch für die Schulden ihrer Kinder?
Dörr: Wenn der Nachwuchs volljährig ist, haftet er selbst für seine Verträge und damit auch für angehäufte Schulden, beispielsweise fürs Online-Shopping, Handyverträge oder das erste Auto. Sind Kinder noch minderjährig, dürfen sie Verträge nur mit Zustimmung der Eltern abschließen – und dann sind die Eltern auch verantwortlich für die damit entstandenen Kosten des Vertrags.

Fotos Adobe Stock, Geld und Haushalt

 

 

 

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