Sieben Hügel, alte Straßenbahnen und eine rote Hängebrücke: Lissabon heißt dieses San Francisco unter dem weichen Licht des Südens.
Text: Dorothee Fauth
Längst gehört Lissabon zu den trendigsten Zielen Europas. Die einstige Seefahrermetropole stiehlt sich mit ihrem Charme in die Herzen der Besucher – obwohl oder gerade weil sie sich nicht in die Liste der Städte einreiht, die an jeder Ecke hip sein wollen. Wie auch, wo doch die Saudade, Portugals nationale Sehnsucht nach Vergangenem und Verlorenem, hier nie vergeht?
Bewahrt hat die Stadt ihre nostalgischen, gelben Trams – innen poliertes Holz und glänzendes Messing. Bergauf und bergab winden sie sich durch Lissabon, und die berühmteste ist die Linie 28. Quietschend erklimmt sie Alfama, das alte Viertel aus maurischer Zeit mit seinen engen, steilen Straßen und traumhaften Aussichtsplätzen. Das Castelo de São Jorge, das den Hügel krönt, ist nur einer von vielen. Der Blick von der Festungsanlage über die Ziegeldächer bis zum Fluss Tejo scheint jedenfalls nicht von dieser Welt.
Man wird sich irgendwann losreißen, durch die krummen Gassen mit den kleinen Geschäften und der großen Kathedrale abwärtsschlendern und sich dabei widerstandslos von einer Bar ausbremsen lassen, wo Ginjinha, der typische Sauerkirschlikör, ausgeschenkt wird. Ginjinha gehört zur Stadt wie die in der Sonne glänzenden Azulejos. Wie Gobelins aus Fliesen schmücken die bemalten Kacheln Hausfassaden, aber auch Kirchen, Klöster und Paläste.
Die riesige, elegante Praça do Comércio, der frühere Handelsplatz am Tejo, ist dann wie ein befreites Durchatmen. Von dort führt die Einkaufsmeile Rua Augusta ins Baixa-Viertel – nicht über Asphalt, sondern über kunstvolle Mosaike. Auf dem Rossio-Platz etwa zeichnen sie die Wellen des nahen Atlantiks nach. Kunstvoll geht es auch in der Casa do Alentejo zu. Hinter unscheinbarer Fassade entfaltet sich maurisch-orientalische Pracht mit bunten Azulejos, Mosaiken und vergoldeten Schnitzereien.
Wer die Vielfalt von Portugals Küche lernen will, sollte dem Mercado da Ribeira im Viertel Cais do Sodré einen Besuch abstatten. In einem Teil des Markthallen-Komplexes bereiten Spitzenköche Appetizer zu und lassen sich dabei über die Schulter schauen. Fast alle Spezialitäten Portugals kann man hier kosten.
Historische und kulinarische Schätze
Lissabon liegt nicht am Meer, aber in 40 Minuten erreicht man mit dem Zug die Strände von Cascais. Auf halber Strecke befindet sich Belém. Die maurisch inspirierte Minifestung Torre de Belém schützte einst die durch Gewürzhandel reich gewordene Stadt am Tejo. Mit Gewürzen wurde auch das Hieronymitenkloster aus weißem Kalkstein finanziert. Seine im Zuckerbäckerstil verzierten Pfeiler und Bögen machen es zu einem Ort wie aus Tausendundeiner Nacht.
Doch keiner war wirklich in Lissabon, der nicht seine göttlichen Pastéis de Nata gekostet hat. Die aus Belém sollen die besten sein, erfunden von den Mönchen des Klosters. Seit 1837 werden die Blätterteig-Cremetörtchen nach deren Rezept in der ursprünglichen Fabrik hergestellt und verkauft.
Mit einem Aperitif beginnt der Abend in dieser Stadt der heiteren Sehnsucht. Vor allem im Juni ist das Ausgehviertel Bairro Alto eine einzige „Festa“. Dann werden in den Straßen die fetten Sardinen gegrillt, während in den Kneipen der Fado nie verstummt, mit dem der Weltschmerz besungen wird. Die Sehnsucht nach dieser Stadt wird man ganz sicher mit nach Hause nehmen.
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