Rennes begeistert mit buntem Fachwerk und viel Kultur. Mit Galetten zum Mittagessen ist man auch kulinarisch in der Bretagne angekommen.
Text: Dorothee Fauth
Aremorica nannten die Römer dieses Land, in dem ein Comic ein unbeugsames Dorf und zwei weltbekannte Helden angesiedelt hat: Asterix und Obelix. Heute trägt Frankreichs wilder Westen den Namen Bretagne, und Rennes ist das Tor zu dieser Region und ihr kulturelles Herz.
Die Entdeckung der Stadt führt quer durch die Jahrhunderte. Wer einen Anfang sucht, beginnt an der Porte Mordelaise. Schließt man die Augen und gibt der Fantasie Raum, ist Pferdegetrappel zu hören und die feierliche Stimmung zu spüren, zu der die Herzöge der Bretagne durch dieses Stadttor zwischen dicken Wehrtürmen aus dem 15. Jahrhundert schritten – auf dem Weg zur Krönung in der Kathedrale Saint-Pierre.
Dieser Weg führt heute ins Jahr 1845. An der Stelle der Krönungskirche steht nun ein klassizistischer Bau mit römischen Säulen und einem prächtigen Tonnengewölbe. Ein Exot unter all den romanischen und gotischen Kirchen Frankreichs, der von Rom direkt über die Alpen marschiert zu sein scheint.
Rennes ist ein wahres Fachwerkparadies
Wenige Schritte weiter fällt der Stadtwanderer ein weiteres Mal aus der Zeit. Windschiefe Häuser mit buntem Gebälk und Holzschnitzereien lehnen aneinander, als müssten sie sich gegenseitig Halt geben. Rennes ist ein wahres Fachwerkparadies und die gepflasterte Rue du Chapitre eine der Gassen, in die man sich Hals über Kopf verliebt. Unter den Augen des Mittelalters bummelt man durch die Gegenwart mit ihren Boutiquen, Restaurants und Cafés.
Rund 300 Fachwerkhäuser sind von dem verheerenden Brand 1720 verschont geblieben. Aus der Asche entstand ein Rennes der Plätze. Die Place de la Mairie zum Beispiel, wo das konkave Rathaus mit der konvexen Oper in einen architektonischen Dialog tritt.
An Samstagvormittagen zieht es ganz Rennes auf die quirlige Place des Lices. Allein schon die üppigen Fischauslagen, Obst- und Gemüsestände und bretonischen Spezialitäten mit den Augen zu verschlingen, ist auf Frankreichs zweitgrößtem Markt ein großes Vergnügen. Um dann – ganz à la française – auf den angrenzenden Terrassen mit einem Aperitif das Wochenende einzuläuten.
Die Heimat der Galetten
Es sei denn, man hat ein Rendezvous mit George Clooney. Dann rasch zurück in die Rue du Chapitre. In der Crêperie La Saint Georges isst man so bretonisch, wie es nur geht: Galetten, die salzige Variante der Crêpes, die dort alle nach einem berühmten Georg benannt sind, so auch nach dem Hollywoodstar.
Danach spaziert man gemütlich durch den Parc du Thabor. 2000 Rosensorten blühen im Rosarium der grünen Oase mit ihren Wasserfällen und uralten Bäumen. Hier tankt man Kraft für den Abend, wenn in der „Straße des Dursts“, der Rue Saint-Michel mit ihren Kneipen, das Leben im Rhythmus der Studentenstadt pulsiert; und die Fassade des historischen Parlaments in den Sommernächten zur Leinwand für bildgewaltige Projektionen wird. Asterix und Obelix hätte das gefallen.
Extratipp: Zu Gast bei Obelix und Merlin
Wer Rennes besucht, sollte sich auch die Umgebung anschauen. Zauberwald, Steine und Meer laden zu attraktiven Ausflügen in der Region ein. Etwa die Kulturstätten von Carnac: 3000 Menhire, das sind riesige Steine, die bis zu 7000 Jahre alt sind, stehen dort in gleichmäßigen Reihen. Unwillkürlich denkt man an Obelix’ Hinkelsteine. Sie könnten Kultorte oder ein Kalender für den Ackerbau gewesen sein. Der Legende nach sind sie die Versteinerung einer römischen Armee. Von Carnac ist es nicht mehr weit bis zur südbretonischen Atlantikküste mit ihren malerischen Buchten und Sandstränden. Voller Legenden ist auch der Wald von Paimpont, als Schauplatz der Artussage auch Brocéliande genannt. Dort befinden sich das Grab des Zauberers Merlin sowie das Reich der Fee Morgan im Tal ohne Wiederkehr – eine magische Wanderdestination zwischen Realität und Fantasiewelt.
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