Das erste Gespräch nach einer Bewerbung findet meist virtuell statt. Danach folgt ein gemeinsames Treffen. Das erfordert eine doppelte Vorbereitung für die Bewerber. Wie man Personaler begeistert und den Zuschlag für den Traumjob erhält.
Text: Eva-Maria Neuthinger
Zu Beginn der Pandemie liefen Bewerbungsgespräche fast nur noch online, etwa über Zoom, Microsoft Teams oder Skype. „Viele Personaler machen sich weiterhin gern vorab via Kamera ein Bild von den Kandidaten, um eine Vorauswahl zu treffen“, erklärt Doris Deichselberger, Geschäftsführerin des Stuttgarter Beratungsunternehmens Deichselberger Consulting. Oft erfolge erst danach das Gespräch am Firmensitz. „So wird es vermutlich bleiben, selbst wenn Corona einmal ganz vorbei ist“, glaubt sie. Mit ihren Mandanten übt sie die Termine daher sowohl vor der Kamera als auch bei einem persönlichen Gespräch, denn jedes Format hat seine eigenen Herausforderungen.
Der virtuelle Einstieg
Erstes Gebot bei den virtuellen Terminen: Der Bewerber muss die Technik beherrschen. Das bedeutet: Die Internetverbindung ist stabil, es stürmen keine Familienmitglieder herein. „Man sollte aber auch auf den Hintergrund achten“, so Deichselberger. Ein unaufgeräumtes Regal oder eine knallrote Wand erzeugen ein schlechtes Bild. „In der Regel bieten die Videoprogramme die Möglichkeit, diese mit einem hellen, neutralen Background zu überblenden“, sagt Deichselberger.
Wichtig sind auch Licht und Haltung. „Die Bewerber sollten von oben und von vorn ausgeleuchtet werden – so, als ob ihnen die Sonne ins Gesicht scheint“, gibt Silke Grotegut, Karriereberaterin in Bonn, als Tipp. Die Kamera positioniert man am besten auf Augenhöhe. „Vor allem ist sie so einzustellen, dass die Bewerber und Bewerberinnen formatfüllend sitzen und über dem Kopf nicht viel Raum bleibt. Die Haare können ein wenig von der Kamera abgeschnitten sein“, so Grotegut.
Nicht zu bunt kleiden
Wichtig: Bei der Kleidung nicht zu viel Farbe wählen. Erwartet wird ein gepflegtes und an die Situation angepasstes Outfit. „Der Jogginganzug wäre ein Tabu, außer, man bewirbt sich als Sporttrainer“, sagt Deichselberger. Andererseits brauchen sich selbst angehende Führungskräfte nicht mit Anzug und Krawatte oder Kostüm zu präsentieren. „Das kommt im persönlichen Gespräch“, so Deichselberger.
Inhaltlich geht es beim Ersttermin im Wesentlichen darum, warum sich der Aspirant für den Job interessiert – und weshalb er sich als idealen Kandidaten sieht. Bewerber sollten daher vorab weitreichende Informationen über die Firma und die Gesprächspartner einholen. Sie finden sich zum Beispiel auf deren Internetseite. „Interessant sind etwa die Leistungspalette, überdies die Historie des Unternehmens oder Mitteilungen unter ‚News‘, ‚Aktuelles‘ oder ‚Presse‘. Man erfährt hier, was das Unternehmen derzeit bewegt“, erklärt Bernd Slaghuis, Karriere- und Business-Coach in Köln.
„Die Bewerber sollten mit den Personalern auf Augenhöhe kommunizieren“
Stellenbeschreibungen seien heute öfter so offen formuliert, dass die Bewerber teilweise nicht mehr erkennen könnten, was gefragt sei. „Dann helfen solche Recherchen enorm, um sich ein Bild zu machen“, sagt Slaghuis. Er rät auch dazu, sich vorab mit dem Management zu beschäftigen. Der Karrierecoach findet es allerdings übertrieben, wenn „Bewerber sich die Geschäftsberichte herunterladen und Kennzahlen auswendig lernen“. Das sei zu viel des Guten. „Detailwissen müssen Bewerber in der Regel nicht liefern“, so Slaghuis.
Grotegut ergänzt: „Die Jobinteressenten können über Netzwerke wie Xing oder Linkedin Kollegen ansprechen, die in anderen Firmen ähnliche Jobs besetzen. Sie brauchen sich nicht zu scheuen, sie anzuschreiben und nachzuhaken, was ihre Tätigkeit ausmacht.“ Daraus lässt sich ableiten, welche Kenntnisse und Eigenschaften man mitbringen sollte. Das kann auch schon vor der schriftlichen Bewerbung geschehen.
Das persönliche Gespräch
Um diese Kenntnisse wird es dann beim persönlichen Gespräch gehen. „Das folgt in der Regel einem festen Muster“, erklärt Grotegut. Zum Einstieg halten die Betroffenen Small Talk, dann stellen sich die Interviewer vor. Danach folgt die Selbstpräsentation des Bewerbers. „Hier sollte es das Ziel sein, kurz und knapp – in anderthalb Minuten – seinen Lebenslauf darzustellen und zu sagen, warum man sich beworben hat“, so Slaghuis. Daraus kann sich gleich ein Dialog entwickeln. „Die Bewerber sollten mit den Personalern aber auf Augenhöhe kommunizieren. Sie dürfen sich nicht als Prüflinge verstehen“, sagt Slaghuis. Bewerber sind keine Bittsteller. „Sie haben der Firma ihre gute Arbeitsleistung zu bieten, für die sie oft hoch bezahlt werden“, fasst Grotegut zusammen.
Das ist Jobsuchenden zwar meist bewusst, dennoch sind sie aufgeregt. Deichselberger rät, sich im Vorfeld des Termins einen Ort der Ruhe und Gelassenheit vorzustellen. „Erfahrungsgemäß wirkt es schon beruhigend, sich hierfür ein Stichwort auf den Notizblock zu schreiben und sich dann diesen Ort während des Gesprächs in Erinnerung zu bringen“, erläutert sie.
Für Expertin Grotegut hilft es, sich vor dem Termin noch einmal klar zu machen, welchen Mehrwert man dem potenziellen Arbeitgeber zu bieten habe, sowie die eigenen Unterlagen nochmals durchzulesen. „Überdies sollten sich Bewerber auf die gängigen Personalerfragen vorbereiten“, ergänzt sie.
Phrasen vermeiden
Ein Klassiker ist die Stärken-Schwächen-Analyse. Allerdings sollte man Phrasen vermeiden. „Jeder Personaler hat schon tausendmal gehört, dass Bewerber sich für zu ungeduldig halten“, warnt Grotegut. Das klingt einstudiert und wenig authentisch. „Viel besser erscheint es, sich Gedanken über die eigenen Schwächen zu machen und zu überlegen, woher sie kommen“, so die Expertin.
Ein Beispiel: Angenommen, der Bewerber kann es nicht leiden, von Kollegen bei der Arbeit gestört zu werden. „Dann ist das seine Schwäche, die aber daher rührt, dass er sehr strukturiert arbeiten möchte. Und genau so stellt er das dann im Gespräch dar“, sagt Grotegut. Die Schwäche folgt aus einer Stärke, beides ist verbunden.
Häufig wollen die Personaler die größten Fehler und Erfolge des Bewerbers erfahren. Vielen fällt da wenig ein. „Wenn wir scheitern, schlagen wir in der Regel einen neuen Weg ein und sind am Ende doch erfolgreich. Echte Misserfolge sind selten“, meint Karriereberaterin Grotegut. Hier können Bewerberinnen und Bewerber sagen, warum eines ihrer Projekte schwierig war und wie sie das Problem gelöst haben.
Kritische Fragen sind erlaubt
Viele Jobinteressenten holen allerdings im Vorstellungsgespräch zu weit aus, statt sich auf das zu fokussieren, was für die Stelle und für die Firma wichtig ist. „Im Dialog geht es um eine zielgerichtete Argumentation, warum man optimal auf die Stelle passt“, sagt Deichselberger. Und genauso ist es umgekehrt. „Das Vorstellungsgespräch ist die Chance, für sich selbst herauszufinden, ob man dort arbeiten möchte“, sagt Slaghuis. Er rät dazu, ruhig kritische Fragen zu stellen. „Etwa, was der künftige Chef oder die Chefin an ihren Mitarbeitenden zu schätzen weiß oder wie sie eine erfolgreiche Zusammenarbeit definieren“, so Slaghuis. Im Idealfall lassen die Bewerber solche Fragen während des Gesprächs einfließen und nicht am Schluss. So kommt das Meeting in Fluss – für beide Seiten.
Diese Fehler vermeiden
Manchmal scheitern Bewerber an Kleinigkeiten.
- Nicht zwischen Tür und Angel. Lieber Zeit nehmen und das Gespräch gut vorbereiten.
- Nicht lästern. Sich als Opfer des alten Chefs darzustellen, kommt nicht gut an. Wer nach kurzer Zeit den Job wechseln will, sollte von einer Fehlentscheidung sprechen.
- Falsches Outfit. Ungepflegte Kleidung, zu leger oder nachlässig in der Farbwahl – besser chic als Alltagsdress.
- Termin verpasst. Als Faustregel gilt, zwischen fünf und zehn Minuten früher da zu sein, keinesfalls verspätet.
- Den Ton wahren. Nicht unfreundlich werden, selbst wenn Interviewer es sind.
- Auffällige Unterlagen. Geknicktes Papier mit Notizen fällt beim Gespräch auf. Tablet, ein neuer Block oder ein Notizbuch sind die bessere Wahl.