Baufinanzierung ist Maßarbeit

Die goldene Regel der Immobilienfinanzierung lautet: Noch wichtiger als niedrige Zinsen ist ein solides Finanzfundament, das aus einem Mix aus mehreren, auf die persönliche Lebenssituation abgestimmten Bausteinen besteht.

Das Eigenheim Boomt. Durch die lange Zeit, die die Menschen in den vergangenen Monaten zu Hause verbracht haben, hat die eigene Immobilie an Bedeutung gewonnen. Dabei ist der Kauf oder Bau von Wohneigentum für die meisten Menschen die wohl größte Investition im Leben. „Diese gilt es, solide und mit Rundumblick zu planen. Die persönliche Situation, das zur Verfügung stehende Einkommen, zukünftige Wünsche und Ziele sollten zur Kaufentscheidung genauso beitragen wie die richtige Finanzierung“, rät die Sprecherin der Sparkasse Regensburg, Carolin Winkelmeier.

Eine solide Immobilienfinanzierung setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen. Welche die beste Mixtur ist, hängt von vielen Faktoren ab. „Baufinanzierung ist Maßarbeit und muss über Jahrzehnte sitzen. Es gibt keine Baufinanzierung für alle, quasi von der Stange“, weiß Winkelmeier und rät jedem Immobilieninteressenten, sich vorab von einem qualifizierten Baufinanzierungsspezialisten beraten zu lassen.

Als Grundlage der Finanzierungsstrategie dient das Eigenkapital, das etwa 20 bis 30 Prozent des Finanzierungsaufwands ausmachen sollte. Denn wer weniger oder gar kein Eigenkapital einbringt, muss beim Immobiliendarlehen Zinsaufschläge in Kauf nehmen und für die Finanzierung tiefer in die Tasche greifen. Außerdem dauert es länger, bis der Kredit abbezahlt ist.

Baustein Hypothekendarlehen

Das Fremdkapital kann aus verschiedenen Quellen stammen. Am häufigsten kommt bei Bau­finanzierungen ein Hypothekendarlehen, auch Annuitätendarlehen genannt, zum Einsatz. Sein Vorteil: Die finanzielle Belastung des Kreditnehmers lässt sich entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen und der Leistungsfähigkeit optimieren. Das liegt an der Funktionsweise. Die jährliche Zahlung, die Annuität, enthält einen Zins- und einen Tilgungsanteil. In der Regel wird sie auf monatlich gleichbleibende Raten umgerechnet. Da sich mit jeder Rate die Restschuld verringert, reduzieren sich auch die zu zahlenden Zinsen. Zum Ausgleich steigt der Tilgungsanteil der Rate im selben Maße. Das ist der Grund, weshalb sich die Schuld anfangs nur langsam, mit wachsendem Tilgungsanteil immer schneller verringert.

Der in der Rate enthaltene Sollzins – der Preis fürs Darlehen – steht mit Vertragsabschluss fest. Die Höhe der anfänglichen Tilgungsrate aber lässt sich individuell festlegen. Im momentanen Zinstief empfiehlt es sich, die Tilgungsrate möglichst hoch anzusetzen, um schneller schuldenfrei zu werden, denn niemand kann sagen, wie teuer Baugeld nach 10 oder 15 Jahren Sollzinsbindung sein wird, wenn die Anschlussfinanzierung für die Restschuld ansteht. Die Dauer der Sollzinsbindung ist eine weitere Stellschraube. Die aktuell niedrigen Zinsen sollten sich ­Darlehensnehmer mit ­längeren Zinsfestschreibungen von 10, 15 oder auch 20 Jahren sichern. Allerdings berechnen die Banken und Sparkassen einen Zinsaufschlag, je länger der Festzins gilt.

Mit Sonderzahlungen lässt sich die Tilgung beschleunigen. Sie sind bei Hypothekendarlehen nur möglich, wenn sie vertraglich vereinbart wurden. Aber auch dann sind nur Tilgungen in Höhe von maximal 10 Prozent einmal im Jahr drin.

Bauspar-Baustein

Anders sieht das bei Bauspardarlehen aus. Hier sind Sondertilgungen jederzeit und in jeder Höhe erlaubt. So kann ein unerwarteter Geldsegen ins Wohneigentum fließen. Das größte Plus eines Bausparvertrags ist jedoch seine Kalkulations­sicherheit. Der Bausparvertrag bietet Zinssicherheit vom Abschluss bis zur Zahlung der letzten Darlehensrate. Ein weiterer Vorteil ist die staat­liche Förderung. Wer vermögenswirksame Leistungen in einen Bausparvertrag investiert, erhält die Arbeitnehmersparzulage. Darüber hinaus kann jeder ab 16 Jahren, der nur 50 Euro im Jahr in einen Bausparvertrag einzahlt, die Wohnungsbauprämie erhalten. Für beide Förderungen gelten bestimmte Einkommensgrenzen. Die höchste Förderung erhalten Bausparer über den Wohn-­Riester.

Die Wohn-Riester-Zulagen und -Beträge können aber auch für die Tilgung eines Hypothekendarlehens eingesetzt werden. Nachteil: Wer mit Wohn-Riester finanziert, ist bei seinen Entscheidungen über die spätere Verwendung der Immobilie nicht frei.

Geld vom Staat

„Natürlich geben wir allen Bau- beziehungsweise Kaufwilligen den Rat, die staatlichen Fördermöglichkeiten auszuschöpfen“, bringt Winkelmeier den dritten großen Finanzierungsbaustein ins Spiel. Der Staat greift Bauherren und Hauskäufern auf verschiedene Arten unter die Arme. Wohl am bekanntesten sind die Fördermöglichkeiten über die staatliche KfW-Bank. Hier gibt es zinsgünstige Darlehen für den Bau oder Kauf selbst genutzter Immobilien, aber auch für das alters­gerechte Umbauen, für Einbruchschutzmaßnahmen, die Nutzung erneuerbarer Energien, das energetische Sanieren und den Kauf von saniertem Wohnraum.

Seit dem 1. Juli 2021 ersetzt die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) die bisherige KfW-Förderung über die Programm­linie „Energieeffizient Bauen und Sanieren“. Antragsteller können nun beim Bau oder Kauf eines Energiesparhauses sowie der Sanierung zum Energiesparhaus zwischen einem zinsgünstigen KfW-Kredit mit Tilgungszuschuss und einem ­direkten Zuschuss wählen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) ist nur mehr für die Zuschussförderung von Einzelmaßnahmen zur energetischen Sanierung zuständig.

Eine Regel gilt bei allen KfW-Programmen: erst den Antrag stellen und genehmigen lassen, dann bauen oder kaufen. Zinsgünstige Kredite für die Baufinanzierung beantragt die Sparkasse für den Kunden; Anträge für Zuschüsse stellen Bau­herren und Hauskäufer direkt bei der KfW-Bank. Wichtig zu wissen: Bei den KfW-Programmen der Linie „BEG Wohngebäude“ muss die Immobilie wie bislang den energetischen Standard eines ­Effizienzhauses erreichen. Wie hoch die energe­tische Qualität der Immobilie ist, lässt sich an der Kennzahl erkennen. Je niedriger sie ist, desto besser. Wer über solche Programme eine Förderung erhalten möchte, ist verpflichtet, einen unabhängigen Energieeffizienzexperten hinzuzuziehen.

Die KfW übernimmt jedoch die Hälfte der Kosten für den Sachverständigen, maximal pro Jahr bis zu 5000 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern und bis zu 2000 Euro bei Eigentumswohnungen. Mit Einführung der BEG reicht in Zukunft ein Antrag, um sämtliche Förderangebote inklusive des Zuschusses für die Bauberatung durch den Energieeffizienzexperten nutzen zu können. Darüber hinaus halten auch die Bundesländer und einige Kommunen Fördertöpfe bereit. Vor allem energiebewusste Bauherren und Sanierer sowie Familien mit kleinen Kindern können von den regionalen Förderprogrammen profitieren.

Bausteine richtig kombinieren

Hypothekendarlehen, Bausparvertrag, staatliche Fördermittel: Eine clevere Finanzierungsstrategie berücksichtigt nicht nur die persönliche Situa­tion, sondern kombiniert die Finanzierungsbausteine geschickt miteinander. Ziel ist dabei immer eine möglichst große Planungssicherheit über die gesamte Laufzeit der Baufinanzierung. Wer beispielsweise heute schon weiß, dass er in einigen Jahren einen höheren Geldbetrag, etwa aus einer Lebensversicherung, erhält, kann über diesen Betrag ein sogenanntes endfälliges Darlehen in sein Finanzierungskonzept einbauen. Dabei werden mit der monatlichen Kreditrate nur die anfallenden Zinsen beglichen, und zwar so lange, bis die komplette Darlehenssumme auf einen Schlag mit der Auszahlung der Versicherung getilgt wird.

Eine weitere Möglichkeit, für Planungs- und Zinssicherheit zu sorgen, ist eine Kombifinanzierung aus Bankdarlehen und Bausparvertrag. So kann die Wartezeit bis zur Zuteilung eines Bausparvertrags zum Beispiel mit einem tilgungsfreien Vorfinanzierungskredit überbrückt werden. Anfangs zahlt der Darlehensnehmer nur die Zinsen für den Kredit, spart aber parallel in den Bausparvertrag ein. Ist Letzterer zuteilungsreif, wird mit der Bausparsumme der Vorfinanzierungskredit vollständig getilgt. Ab diesem Zeitpunkt zahlt der Hauskäufer nur noch den Bausparkredit ab. Die Finanzierungskonditionen sind über die gesamte Laufzeit von der ersten bis zur letzten Rate festgelegt.

Wer möchte, kann diese Mischung mit einem im Allgemeinen recht günstigen Kredit von nahen Verwandten oder durch Eigenleistungen am Bau anreichern. Doch egal, wie die Finanzierungs­strategie ausfällt, der wohl wichtigste Tipp, den Finanzierungsexpertin Winkelmeier für Wohn­eigentümer in spe hat, gilt für alle: „Finanzieren Sie nicht zu knapp.“ Denn wer sein Budget bis auf den letzten Cent ausreizt, der läuft Gefahr, bei unerwarteten, plötzlich notwendigen Zusatzausgaben in eine finanzielle Schieflage zu geraten.

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