Wer beruflich auf eine Zweitwohnung angewiesen ist, darf jetzt deutlich höhere Ausgaben für ihre Einrichtung von der Steuer absetzen.
Text: Melanie Rübartsch
Jeden Sonntag das gleiche Spiel: Gegen 18 Uhr isst die Familie zu Abend, dann steigt Vater Florian Reuter (Name geändert) ins Auto, um von Siegburg nach Freiburg zu fahren. Freitag wird er wiederkommen. Vor einem Jahr hat der Ingenieur eine neue Stelle im Breisgau angenommen. Die beiden Kinder sind in der zweiten und fünften Klasse, Mutter Anne ist Lehrerin. „Daher war klar, dass wir nicht alle in den Süden ziehen würden“, so der 44-Jährige. Bei Freiburg hat er ein 50-Quadratmeter-Apartment gefunden. Ab und an kommt die Familie zum Wochenendurlaub.
An den Kosten für das Zweitdomizil beteiligt sich der Fiskus. Familie Reuter kann ihre Ausgaben als doppelte Haushaltsführung geltend machen (Details siehe unten). Dabei ist der Umfang der absetzbaren Kosten aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH), dem die Finanzverwaltung jetzt gefolgt ist, sogar größer geworden. „Die Finanzbehörden müssen nun höhere Aufwendungen für die Einrichtung der Zweitwohnung akzeptieren“, erklärt Jana Bauer, Referentin beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine.
Das hat folgenden Hintergrund: Bislang zählten die Finanzbeamten die Ausgaben für Kühlschrank, Bett und Co. zu den Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung – neben laufenden Ausgaben wie Miete, Betriebskosten oder Reinigung. Monatlich konnten maximal 1000 Euro abgezogen werden. „Das war mit den Fixkosten der Wohnung oft schon erreicht, sodass die Einrichtung in vielen Fällen nicht berücksichtigt wurde“, weiß Bauer.
Deutlich höhere Aufwendungen möglich
Der BFH hat dem einen Riegel vorgeschoben. Nach dem Spruch der Richter fallen Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat für eine im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzte Wohnung nicht unter die Höchstbetragsbegrenzung von 1000 Euro und sind daher grundsätzlich in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar (Az. VI R 18/17). Die Steuerexpertin ergänzt: „Die Finanzämter erkennen Ausgaben bis zu 5000 Euro in der Regel ohne weitere Prüfung als Werbungskosten an und gehen dann von der Notwendigkeit der Einrichtungsgegenstände aus.“
Gehen die Ausgaben darüber hinaus, muss der Wochenendpendler nachweisen und begründen können, dass die Anschaffungen notwendig waren. Das betrifft generell alle Gegenstände, die zur Führung eines geordneten Haushalts erforderlich sind: Küche, Kühlschrank, Waschmaschine, Bett, Schrank, Tisch, Stühle, Badezimmereinrichtung, Gardinen, Leuchten, Geschirr und andere Haushaltsartikel.
„Die Finanzämter erkennen Ausgaben bis zu 5000 Euro in der Regel als Werbungskosten an.“
„Liegen die Anschaffungskosten für die einzelnen Gegenstände unter einem Bruttopreis von 952 Euro, ist die Ausgabe komplett absetzbar. Teurere Gegenstände müssen über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden“, sagt Bauer. Bei Möbeln zum Beispiel darf pro Jahr ein Dreizehntel des Preises in der Steuererklärung auftauchen. Komplizierter ist der Fall, wenn der Wochenendpendler eine möblierte Wohnung bezieht. Der Steuerpflichtige muss dann den Anteil der Miete, den der Vermieter für die Möblierung aufschlägt, ermitteln oder schätzen.
Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung
Familie Reuter hat die ersten Möbelstücke und die Küche in Freiburg besorgt und die Rechnungen dieses Jahr in der Steuererklärung angegeben. Nachfragen gab es nicht – zumal die Reuters den klassischen Fall einer doppelten Haushaltsführung abbilden. Für das Finanzamt müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens: Der Steuerzahler benötigt die Zweitwohnung aus beruflichen Gründen, weil er zu weit entfernt wohnt, um täglich zur Arbeit zu fahren. Zweitens: An seinem anderen Wohnort befindet sich nach wie vor der Lebensmittelpunkt. Drittens: Dort zahlt er mindestens 10 Prozent der laufenden Kosten.
Zur Entfernung haben sich Faustregeln entwickelt. „Die doppelte Haushaltsführung ist in der Regel tabu, wenn sich der Job binnen einer Stunde vom Hauptwohnsitz erreichen lässt. Außerdem sollte der Zweitwohnsitz nicht weiter als eine Stunde von der Tätigkeitsstätte entfernt sein“, erläutert Jana Bauer.
Wo der Lebensmittelpunkt ist, muss nach den Gesamtumständen ermittelt werden. Die behördliche Meldung ist nicht ausschlaggebend. Bei Lebenspartnern ist in der Regel die Familienwohnung der Hauptwohnsitz, wenn der Arbeitnehmer sie mindestens sechsmal im Jahr aufsucht. „Singles müssen dagegen eine engere persönliche Bindung an diesem Wohnsitz haben und nachweisen“, sagt Bauer.
Familie Reuter kommt gut mit der Pendelei zur Zweitwohnung klar: „Die Wochen im Alltag vergehen ohnehin schnell, und die Wochenenden genießen wir so umso mehr.“
Die wichtigsten Abzugskosten
Bei der doppelten Haushaltsführung gibt es viele steuerliche Spielräume – von der Miete bis zu Pendelfahrten.
- Unterkunftskosten: Die laufenden Kosten für die Zweitwohnung lassen sich mit bis zu 1000 Euro monatlich ansetzen. Dazu zählen etwa die Bruttokaltmiete, Betriebs- und Stromkosten, Rundfunkgebühr oder der Kfz-Stellplatz. Bei einer Eigentumswohnung kann der Steuerzahler die Abschreibung des Kaufpreises – bei Neubauten 2 Prozent des Gebäudepreises inklusive Nebenkosten – und die Darlehenszinsen geltend machen.
- Einrichtung: Notwendiges Mobiliar und Hausrat sind zusätzlich zu den Unterkunftskosten abziehbar.
- Heimfahrten: Pro Woche lässt sich eine Familienheimfahrt absetzen. Für Autofahrer gilt die Entfernungspauschale: 30 Cent gibt es für die ersten 20 Kilometer und 35 Cent ab dem 21. Kilometer. Zug- oder Flugtickets können komplett angesetzt werden.
- Verpflegungsmehraufwand: Bis zu drei Monate kann der Wochenendpendler 14 Euro bei mindestens acht Stunden Abwesenheit von der Hauptwohnung ansetzen und 28 Euro bei 24 Stunden Abwesenheit von der Hauptwohnung.
- Umzugskosten: Die schlagen sowohl bei Begründung als auch bei Beendigung der doppelten Haushaltsführung zu Buche. Dazu zählen etwa Maklerkosten oder Ausgaben für eine Spedition.