Die Welt des Tanzes zu Gast in Neuss

Der zeitgenössische Tanz ist ein Seismograph kultureller und gesellschaftlicher Umbrüche. Die sechs Veranstaltungen der Internationalen Tanzwochen Neuss in der Saison 2022/23 stellen dies eindrucksvoll unter Beweis. S-Quin-Kunden können mit etwas Glück Tickets gewinnen.

Text: Gunnar Erth

Die neue Saison präsentiert Tanzcompanys aus Malta, Frankreich, den USA, den Niederlanden, Brasilien und England in der Stadthalle Neuss. Hier das Wichtigste im Überblick:

  • Die Saison startet am 5. Oktober mit der maltesischen Tanzcompany ŻfinMalta. Die Choreographie „Requiem for Juliet“ dreht William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ weiter und beschäftigt sich mit den Leiden von Julias Mutter, Lady Capulet. Die Themen Liebe, Trauer und Macht sind aktueller denn je.
  • Hiphop als Spielform des zeitgenössischen Tanzes bringt das französische Kollektiv Dyptik (siehe Foto oben) am 26. Oktober in die Stadthalle. In der Produktion „Dans l’engrenage“ stellen die Choreographen Souhail Marchiche und Mehdi Meghari die Frage nach dem Preis der Selbstoptimierung und des grenzenlosen Wettlaufs um den sozialen Aufstieg.
  • Weiter geht es am 1. Dezember mit einer preisgekrönten innovativen Tanztruppe aus den USA: Das Northwest Dance Project aus Portland bringt die Stücke „Hold Me Tight Let Me Go“ der Choreographin Sarah Slipper und „Linger“ von Ihsan Rustem in die Stadthalle.
  • Die niederländische Tanzcompany Scapino Ballet Rotterdam bewegt sich am 19. Januar 2023 mit „Casablanca“ auf den Spuren des gleichnamigen Hollywood-Klassikers. Choreograph Ed Wubbe transportiert Themen wie Leidenschaft, Freiheit und das Streben nach einer besseren Welt in eine bildgewaltige Performance.
  • Leichtigkeit und Präzision gepaart mit abstrakter Schönheit und kraftvollem Ausdruck sind die Attribute der traditionsreichen brasilianischen Company Grupo Corpo, die am 21. März 2023 mit zwei Stücken ihres Chef-Choreographen Rodrigo Pederneiras nach Neuss reist.
  • Zum krönenden Abschluss der Saison kommt am April 2023 die atemberaubende Doppelshow „Double Murder“ des gefeierten Choreographen Hofesh Shechter mit der Hofesh Shechter Company in die Neusser Stadthalle.

„Man wendet sich wieder mehr der poetischen Seite zu“

Für die Programmplanung zeichnet erstmals Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger verantwortlich. „Wie viel Staunen, wie viel Freude und Begeisterung, wie viel Faszination beim Publikum mit den Veranstaltungen der Internationalen Tanzwochen ausgelöst werden, ist bemerkenswert“, resümiert er. Im Interview mit dem S-Quin-Magazin erläuterte er, warum es ein Programm auch für Nicht-Tanzexperten ist.

Benjamin Reissenberger, Leiter des Kulturamts der Stadt Neuss. Foto: Stadt Neuss

S-Quin: Nach welchen Kriterien haben Sie die sechs Veranstaltungen zusammengestellt?
Reissenberger: Das Wichtigste ist die herausragende Qualität der Künstler und Künstlerinnen. Denn: Ob es einem gefällt, ist Geschmackssache, die Qualität der Vorstellungen nicht. Als zweites war es mir sehr wichtig, eine möglichst große Bandbreite der zeitgenössischen Tanzszene, ihrer Stile und Sujets aufzeigen zu können. Es gibt sehr unterschiedliche internationale Tanzschulen und Körpersprachen, die wir zeigen wollen.

Können Sie Beispiele nennen?
Das Programm ist sehr vielfältig. Es sind arrivierte Truppen dabei, wie Grupo Corpo aus Brasilien, die seit vielen Jahren sehr verlässlich für herausragende Qualität steht. Es gibt spektakuläre Acts wie das französische Kollektiv Dyptik, das sehr vom Hiphop inspiriert ist – da ist eine wahnsinnige Akrobatik drin. Und in unserer Abschlussveranstaltung „Double Murder“ tritt die Hofesh Shechter Company aus England auf und präsentiert wieder einen völlig neuen Stil. Shechter ist einer der international führenden Choreographen unserer Zeit. Ich finde es spannend, Companys zu zeigen, die nicht nur das klassische Ballett hinter sich lassen, sondern komplett neue Ausdrucksformen entwickeln.

Gibt es jemanden, auf den Sie sich besonders freuen?
Ich freue mich auf alle Truppen und das meine ich genau so. Ich konnte alle Companys für die Internationalen Tanzwochen gewinnen, die ich unbedingt einladen wollte – mit einer Ausnahme: Teaċ Daṁsa aus Irland musste aus Dispositionsgründen leider kurzfristig absagen. Das fand ich extrem schade, aber manchmal scheitern solche Auftritte leider am Terminkalender und der Logistik. Stattdessen konnten wir aber mit ŻfinMalta eine ganz hervorragende Gruppe aus Malta für uns gewinnen, bei der ich zuvor sehr bedauert hatte, sie nicht gleich einladen zu können. Es hat sich also hervorragend zusammengefügt.

Sie betonen die neuen Körpersprachen. Hat der interessierte Besucher, der kein Experte für zeitgenössischen Tanz ist, auch einen Zugang zu den Veranstaltungen?
Alle sechs Veranstaltungen sind etwas für ein sehr großes Publikum. In meiner Wahrnehmung ist es so, dass man sich vom extrem Abstrakten vergangener Jahre wegbewegt und mehr der poetischen Seite zugewandt hat. Es werden Geschichten erzählt, man traut sich wieder „schön“ zu tanzen, es werden aktuelle Themen behandelt. Der Wunsch bei den Choreographen und Choreographinnen, mit echter Ästhetik auf den Bühnen zu reüssieren, ist spürbar. Das stelle ich auch in anderen Kunstformen fest. Heute wollen die wenigsten ihr Publikum ausschließlich erschrecken und schockieren.

Also ein Programm für alle?
Wir haben zwar meist ohnehin sehr kundige Besucher und Besucherinnen bei den Internationalen Tanzwochen, aber ich bin fest überzeugt, dass auch Leute für sich etwas entdecken, die noch nie eine Aufführung zeitgenössischen Tanzes gesehen haben. Ich lade deshalb gerade die zu uns zu den Internationalen Tanzwochen ein. Denn die Freude am Tanz dieser sehr ausdrucksstarken und körperbetonten Truppen überträgt sich unmittelbar auf das Publikum. Das gilt auch für Hofesh Shechter: Der erste Teil seiner Doppelshow „Double Murder“ ist zwar etwas herausfordernder, aber untrennbar mit dem deutlich versöhnenden zweiten Teil verknüpft. Nach meiner bisherigen Erfahrung wird unser Publikum sehr gut damit umgehen können.

Sie machen das Programm zum ersten Mal – wie kam es dazu?
Der ehemalige Kulturreferent der Stadt Neuss, Rainer Wiertz, hatte die Internationalen Tanzwochen von Anfang an bis 2021 geleitet. Ich bin seit August 2021 Kulturamtsleiter und habe in den ersten Monaten zusätzlich auch die Planung der Internationalen Tanzwochen geerbt. Ich bin ja ursprünglich Musiker und war zuletzt Orchestermanager in Wuppertal; insofern hatte ich natürlich Bezug zum modernen Tanz – man kommt dort an der großen Pina Bausch ja gar nicht vorbei.

Insofern kannten Sie sich bereits mit zeitgenössischem Tanz aus?
Ein bisschen schon, aber ich musste mich natürlich trotzdem intensiv mit den aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen, habe mir aber auch die Programme der letzten 30 Jahre angeschaut. So habe ich doch recht schnell ein Gefühl dafür bekommen, welche Ausrichtung die Internationalen Tanzwochen haben und wie ich das neue Programm gestalten möchte.

Tickets können im Abonnement unter tanzwochen.de gebucht werden oder per Mail an tanzwochen@stadt.neuss.de. Einzeltickets sind über die Hotline 02131 526 99 999, unter tanzwochen.de oder bei allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Mit S-Quin Tickets gewinnen!

S-Quin verlost 3 × 2 Freikarten für zwei Veranstaltungen im Rahmen der Internationalen Tanzwochen Neuss. Und zwar für den Auftritt des französischen Kollektivs Dyptik (26. Oktober 2022) und die Show des Northwest Dance Projects aus den USA (1. Dezember 2022). Mitmachen können Sie bis zum 7. Oktober 2022 unter www.s-quin.de – dort finden Sie auch die genauen Teilnahmebedingungen.

Titelfoto: Dyptik

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