Eigenleistung beim Bauen: Zupacken ersetzt Kapital

Fliesen legen, Wände verspachteln, Holzterrasse bauen – wer es selbst macht, kann eine Menge Geld sparen. Doch die Muskelhypothek hat auch ihre Grenzen. Worauf es ankommt, wenn Bauherrn und Sanierer auf Eigenleistungen setzen.

Text: Stefanie Hutschenreuter

Ärmel hochkrempeln und selbst machen, statt Handwerker zu beauftragen: Für Bauherrn und Sanierer kann sich das lohnen – vorausgesetzt, sie sind nicht ganz ungeschickt und schätzen neben ihrem Können auch ihre verfügbare Zeit realistisch ein. Dann aber macht das aktive und kreative Gestalten von Haus, Wohnung, Balkon oder Garten meist richtig Spaß, und hinterher ist man stolz auf seiner eigenen Hände Arbeit.

Doch nicht jede Bau- oder Saniertätigkeit eigne sich als Projekt in Eigenleistung, erklärt Marc Ellinger, Bauherrenberater beim Verband Privater Bauherren (VPB). „An den Ausgaben für Baustoffe und Baumaterialien kommen Bauherrn nicht vorbei. Sie können daher nur in den Leistungspaketen maßgeblich Geld sparen, die einen vergleichsweise hohen Arbeitszeitanteil haben“, sagt er.

Dazu zählen etwa Trockenbau-, Maler- und Tapezierarbeiten, aber auch das Verlegen von Bodenbelägen oder Arbeiten im Garten und an den Außenanlagen. Weil die Preise für Baustoffe jedoch stark angezogen haben, ist das Einsparpotenzial durch Eigenleistung auch bei diesen Gewerken im Gesamtverhältnis gesunken. Einige Tausend Euro lassen sich aber dennoch herausholen.

Wer für die Baumaßnahme einen Kredit in Anspruch nimmt, dem rechnet der Finanzierungspartner die durch den Einsatz der eigenen Arbeitskraft eingesparten Kosten unter Umständen als Eigenkapital an. Das hat zwei positive Effekte: Zum einen kann dadurch das Darlehen geringer ausfallen. Zum anderen verringert sich durch den größeren Eigenkapitalanteil möglicherweise auch der Darlehenszinssatz.

Muskelhypothek als Finanzierungsbaustein

In welcher Höhe die sogenannte Muskelhypothek akzeptiert wird, hängt vom Kreditinstitut ab. Manche Geldgeber setzen ein bestimmtes Limit, etwa 20.000 Euro, an. Andere gewähren einen Eigenkapitalersatz von maximal 10 bis 15 Prozent der Bausumme, wenn Bauherrn selbst mit anpacken. Allerdings setzt ein so hohes Einsparpotenzial schon einen sehr engagierten Einsatz voraus.

Hausbauer und Sanierer sollten ihre eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen, denn wer sich überschätzt, riskiert am Ende, draufzuzahlen, wenn Fachleute nachbessern müssen. Ein Tipp: Defizite im Bau-Knowhow lassen sich beheben. Es gibt für fast jede Arbeit im und am Haus entsprechende Heimwerkerkurse (siehe Interview). Eine Eigenleistung zu erbringen, kostet aber auch Zeit. Kann man diese neben dem Job und anderen Verpflichtungen erübrigen? Eine Frage, die Bauherrn genauso nüchtern vorab klären sollten wie die Frage nach ihren Fachkenntnissen.

Ellinger empfiehlt, beim Ermitteln der voraussichtlichen Arbeitsstunden tage- oder längstens wochenweise zu rechnen. „Zu berücksichtigen ist unbedingt auch der Zeitaufwand für die An- und Abfahrten zur Baustelle und zum Besorgen der notwendigen Baustoffe und Werkzeuge“, so der Bauexperte. Hinzu kommt, dass Laien die Routine fehlt. Laut VPB schaffen sie erfahrungsgemäß höchstens zwei Drittel der Leistung eines Profis in der gleichen Zeit. Auch das sollte man bedenken.

Wo sich Eigenleistung lohnt

Besonders gut eignen sich für Hobbyhandwerker „die Gewerke, die keine spezifische Geräte- und Maschinenausstattung brauchen und die keine größeren nachteiligen Auswirkungen auf das Gebäude haben, wenn sie aus baufachlicher Sicht nicht mängelfrei erbracht werden“, sagt Ellinger. Das sind vor allem Arbeiten des Innenausbaus und die Gestaltung von Außenanlagen. So mag eine nicht exakt platzierte Fliese optisch stören, sie verursacht aber in der Regel keine folgenschweren Bauschäden – ganz im Gegensatz zu einer fehlerhaft angebrachten Wärmedämmung.

Sanierern empfiehlt Marc Ellinger, einfache, statisch nicht relevante Rückbauarbeiten selbst zu erledigen. So zahle sich die Muskelkraft beispielsweise beim Ausbauen von Türen, beim Entfernen von Fußboden- und Wandbelägen oder auch beim Abschleifen alter Anstriche besonders aus. Gerade bei Abbrucharbeiten ist jedoch Vorsicht vor dem Freisetzen von Schadstoffen geboten.

In vielen Altbauten schlummern Gesundheitsgefahren durch Asbest, giftige Holzschutzmittel, künstliche Mineralfasern, teerhaltige Baustoffe oder bleihaltige Farben. Im Zweifel rät Ellinger zu einer fachmännischen Beprobung vorab oder einer Arbeitsweise, wie sie für kontaminierte Bereiche vorgeschrieben ist. Muss dennoch ein Fachbetrieb engagiert werden, kann man den Profis eventuell als Gehilfe zur Hand gehen.

Durch das Mitanpacken unter professioneller Anleitung lässt sich auch bei anderen, schwierigeren Gewerken Geld sparen. Voraussetzung ist, dass die Ersparnis durch die Mithilfe vorher mit der beauftragten Handwerksfirma abgesprochen wurde. Es gibt aber Arbeiten, von denen Laien die Finger lassen sollten: Die Elektroinstallation oder auch Heizung und Sanitär gehören in die Hände ausgebildeter Fachhandwerker. Auch Arbeiten an Gas- und Wasserinstallation sind für Nichtprofis tabu.

Vorher alles klar regeln

Keine Frage: Für Pfusch des Eigenleistenden muss dieser selbst geradestehen. Das kann vor allem dann zum Problem werden, wenn Eigenleistungen erbracht werden, die sich zeitlich in den Bauablauf integrieren. Denn auch für Folgeschäden aus der mangelhaften Eigenleistung haftet der Bauherr oder Sanierer selbst, ebenso wie für Verzögerungen im Bauablauf, die sich aus seiner Arbeit ergeben. Es kann teuer werden, wenn durch die Behinderung des Baufortschritts Vertragsstrafen fällig werden oder externe Firmen einspringen müssen.

Möchte man viel in Eigenregie erledigen, ist es sinnvoll, vorab vertraglich mit dem oder den Bauunternehmen genau festzulegen, wer welche Arbeiten durchführt. Auf Nummer sicher geht, wer seine Eigenleistung während der Bauphase einer fachlichen Kontrolle durch einen Bausachverständigen unterzieht. Übrigens: Auch Fertighauskäufer können Eigenleistung einbringen, wenn sie sich für ein Ausbauhaus entscheiden. Üblicherweise können die Hauskunden dann aus unterschiedlichen Ausbaustufen mit passenden Materialpaketen wählen und so nach und nach ihr Haus selbst ausbauen.

 

Die Zeit im Auge behalten

Wer den Zeitaufwand für handwerkliche Arbeiten kennt, schätzt besser ein, ob sich Selbermachen lohnt.

Welche Arbeiten man beim Bauen und Sanieren selbst erbringen kann, hängt zum einen von den eigenen handwerklichen Fähigkeiten und Erfahrungen ab, zum anderen aber auch von der Zeit, die man am Feierabend und an Wochenenden ins Bauen oder Sanieren investieren kann. Der Verband Privater Bauherren hat den durchschnittlichen Zeitaufwand für typische Eigenleistungen beim Bau eines Reihenhauses mit drei Etagen und 140 Quadratmeter Wohnfläche ermittelt:

  • Trockenbau mit Dachwärmedämmung: 102 Stunden
  • Fensterbänke innen setzen: 3 Stunden
  • Fliesen und Platten legen: 48 Stunden
  • Zimmertüren setzen: 79 Stunden
  • Maler- und Lackierarbeiten: 94 Stunden
  • Tapezierarbeiten: 31 Stunden
  • Bodenbeläge verlegen: 89 Stunden
  • Außenanlage: 30 Stunden

 

Bauhelfer absichern

Helfer aus der Familie und Freunde muss man der Bauberufsgenossenschaft melden.

Der Gesetzgeber verlangt: Spätestens eine Woche nach Baubeginn muss die Meldung bei der Berufsgenossenschaft (www.bgbau.de) erfolgen – auch wenn die Helfer kostenlos arbeiten. Der Vorteil: Bei einem schweren Unfall ist der Bauherr aus dem Schneider, und die Helfer sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Der Pflichtbeitrag richtet sich nach der erbrachten Stundenzahl der Helfer. Mindestens 100 Euro werden aber immer fällig. Auch sich selbst und die Lebenspartnerin oder den Lebenspartner kann der Bauherr freiwillig bei der BG Bau versichern – oder er leistet über eine private Unfallversicherung Vorsorge.

 

„Nicht am Material sparen“

Michael Pommer ist Trainer der DIY Academy, die deutschlandweit Kurse für Heimwerker anbietet.

S-Quin: Wer kommt zu Ihnen in die DIY-Kurse?
Michael Pommer: Zum einen sind das Hausbauer, die ein Trainer direkt auf deren Baustelle individuell coacht. Zum anderen sind das aber auch Leute, die in einem Kurs ein bestimmtes Gewerk erlernen möchten. Generell sind unter den Teilnehmern in den letzten fünf Jahren immer mehr Frauen, was mich persönlich sehr freut.

S-Quin: Wo finden die Kurse statt?
Pommer: Unsere Heimwerkerkurse bieten wir in Baumärkten oder in einer unserer Werkstätten an.

S-Quin: Welche Tätigkeiten kann man dann erlernen?
Pommer: Bis auf Arbeiten an Wasser und Elektrik alles rund ums Bauen: vom Fliesenlegen über Trockenbauarbeiten bis hin zum Gartenbau. Wir coachen eigentlich nur. Wir zeigen den Kursteilnehmern, wie es geht, und verbessern sie so lange, bis sie es selber können.

S-Quin: Wo machen die meisten Heimwerker Fehler?
Pommer: Viele lesen einfach die Bedienungs- oder Arbeitsanleitung nicht richtig, vergessen dann Kleinigkeiten und machen deshalb Fehler. Etwa, dass beim Tapezieren der Tiefengrund vergessen wird. Und es ist kein Klischee: Vor allem das männliche Geschlecht neigt dazu, eher zu probieren, als zu studieren. Frauen sind beim Ausprobieren meist zurückhaltender, machen es dann aber richtig.

S-Quin: Welche Tipps können Sie Menschen geben, die selbst bauen und renovieren möchten?
Pommer: Nicht an Material oder Werkzeug sparen! Vor allem beim Werkzeug gilt: lieber etwas mehr Geld für Qualität ausgeben. Die Grundausstattung mit Bohrmaschine, Akkuschrauber, Zollstock oder Messer lässt sich für rund 200 Euro im Baumarkt kaufen. Bei größerem Werkzeug oder Maschinen, die man für kurze Zeit benötigt, empfiehlt es sich, diese im Baumarkt zu leihen. Und ich rate zu einem Kurs der DIY Academy. Die Trainings finden meist freitags und samstags statt und dauern zwischen drei und fünf Stunden im Baumarkt, in unseren Werkstätten auch acht Stunden. Buchen kann man online unter www.diy-academy.eu.

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