Auswandern: T-Shirt statt Pullover

Die Lebenshaltungskosten steigen rapide. Immer öfter liebäugeln Menschen deshalb damit, den Winter im milden Süden zu verbringen. Oder sie verlassen Deutschland gleich ganz. Bevor man den Schritt wagt, sollte man sich gut informieren.

Text: Veronika Wengert

Viele kennen Kroatien aus dem Urlaub: 1000 Inseln, azurblaues Meer und hübsche Küstenstädte wie Split. Die zweitgrößte Stadt Kroatiens, mit antiker Altstadt und palmengesäumter Uferpromenade, boomt gerade. Einige Besucher bleiben sogar dauerhaft.

Mladen Tomasević arbeitet als Makler in Split; er verwaltet und vermietet luxuriöse Villen deutschsprachiger Immobilieneigentümer. Beim Espresso am Stadtstrand surrt sein Smartphone. „Eine Wohnung kaufen – in Split?“, wiederholt er. Wörter wie „hochpreisig“ und „teuer geworden“ fallen. Der Deutschkroate, der im Ruhrgebiet aufgewachsen ist, erhält seit einiger Zeit verstärkt Anfragen zu Immobilien – auch von Deutschen, die sich an der Küste Dalmatiens niederlassen wollen.

Nur sieben Autostunden bis München

Mittlerweile liegen die Preise von Split sogar auf dem Niveau von Dubrovnik oder Rovinj, wo man mit bis zu 15.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche rechnen muss. In Istrien, an der nördlichen Adria, kostet eine Neubauvilla am Meer durchaus mal 2 Millionen Euro. Dafür ist man von München aus in sieben Stunden mit dem Auto da. Zum 1. Januar 2023, mit dem Beitritt Kroatiens zum Schengenraum und der Einführung des Euro, ist vieles noch einfacher geworden: keine Grenzkontrollen mehr und kein Geldwechsel.

Marktkenner befürchten, dass mit der Einführung des Euro die Immobilienpreise in Kroatien weiter steigen werden. Das vermutet auch Tomasević. Immerhin: Selbst wenn man die Immobilie erst in einigen Jahren selbst nutzen wolle, könne man sie jetzt kaufen und über eine Agentur an Touristen vermieten, sagt der Immobilienexperte.

Rente unter ­Palmen – das gibt es auch am Mittelmeer. Für viele Senioren ist dies der ideale Kompromiss aus angenehmem Klima und Erreichbarkeit per Auto.. Foto: Shutterstock

Auch der Berliner Zahnarzt Helge Burow hat eine zweite Heimat in Split gefunden – seit 22 Jahren. Bereits als Student war der heute 62-Jährige oft in Kroatien, das seinerzeit noch zu Jugoslawien gehörte. Er lernte die Sprache, die er heute perfekt spricht, damals schon ein wenig – und seither hat ihn das Land nicht wieder losgelassen.

Gemeinsam mit seiner Frau Maja, einer gebürtigen Kroatin aus Berlin, zog er schließlich nach Dalmatien. Dass es Split wurde, war Zufall: Dort sah das Ehepaar beim Einparken ein leer stehendes Gebäude, das es kaufte und zur Praxis umbaute. „Beim Immobilienkauf ist es gut, wenn man jemanden hat, der einen berät“, empfiehlt Burow. Manche Häuser seien schon doppelt verkauft worden; der Blick ins Grundbuch vor Vertragsabschluss sei unerlässlich.

Burow rät anderen Auswanderern, sich möglichst einen Neubau mit Isolierung zu suchen. „Mit einer guten Wärmedämmung hat man im Januar 22 Grad in der Wohnung, im Sommer kühlt sie eine Loggia ein wenig herunter.“ Überhaupt schwärmt Burow vom milden Klima. „Split ist auch im Winter sehr attraktiv und voller Einheimischer, also eine richtige Stadt mit einer hohen Lebensqualität“, sagt er. Zudem empfiehlt er, sich auf dem Festland etwas zu suchen, denn Fähren könnten auch ausfallen.

Rente und Krankenversicherung

Vergangenes Jahr zahlte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) rund 1,7 Millionen Renten ins Ausland, darunter an 250.000 Rentnerinnen und Rentner mit deutschem Pass. Kroatien mischt dabei noch nicht vorn mit. Die meisten Auslandsrenten an Deutsche flossen nach Österreich, in die Schweiz, in die USA und nach Spanien. Diese Zahlen decken sich in etwa mit den aktuell beliebtesten Auswanderungszielen der Deutschen (siehe Grafik) mit Ausnahme der USA. Sie waren in den vergangenen 15 Jahren als Auswandererziel für ältere Menschen rückläufig.

„Die deutsche Rente wird in der Regel wie gewohnt in ein EU-Land überwiesen“, sagt Pressereferentin Silke Pottin von der DRV Bund. Wird nur eine Rente aus Deutschland bezogen und bestand hier eine Pflichtversicherung, bleibt man auch nach dem Umzug in ein anderes EU-Land in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Wird jedoch zusätzlich zur deutschen auch eine Rente aus dem EU-Wohnland bezogen, ist man nach dortigen Vorschriften krankenversichert. Hinzu kommt einmal pro Jahr Post. Dann müssen Auslandsrentnerinnen und -rentner eine Lebensbescheinigung erbringen, also einen bestätigten Nachweis als Lebenszeichen – allerdings nicht in allen Ländern.

Alpenblick kann teuer sein

In der Schweiz sind die Lebenshaltungskosten hoch. Dafür lockt das Land mit Alpenpanorama, der Nähe zur alten Heimat, niedrigen Sprachbarrieren und geringen Steuern. Wer als Rentner in die Schweiz auswandern will, muss genügend finanzielle Mittel und eine Krankenversicherung nachweisen. Österreich punktet bei Deutschen ebenfalls mit der Nähe, doch auch hier gibt es große Unterschiede – ob man nun ins hochpreisige Wien oder günstigere Burgenland zieht.

Alpen und Meer sind gefragt. Allerdings sollte man die lokale Infrastruktur auf Herz und Nieren prüfen. Foto: Shutterstock

Einen Zuwachs an deutschen Senioren verzeichnen auch einige Länder in Mittel- und Osteuropa, etwa Ungarn, Tschechien und Polen, so die Statistikbehörde Destatis. Die Lebenshaltungskosten sind niedriger als in Deutschland, was eine Rolle spielen dürfte. So kostet ein Ein-Personen-Apartment in einer Seniorenresidenz in Ungarn etwa 800 bis 1000 Euro. Doch Budapest ist bei solchen Preisen meist weit entfernt, die Thermen am Balaton ebenso.

Generell sollte man frühzeitig einen Finanzcheck machen, um zu sehen, ob es fürs Traumland reicht. So verlangt Thailand für ein „Ruhestandsvisum“ (ab 50 Jahren möglich) den Nachweis monatlicher Nettoeinkünfte von 1700 Euro. Hinzu kommen überall einmalige Ausgaben für den Makler oder den Umzug. Und wer seinen Traumort gefunden hat, sollte mehrmals hinreisen – zu jeder Jahreszeit. Wenn die Touristen nach dem Sommer weg sind, kann es mancherorts recht einsam werden. Dann schließen an der Küste häufig die Restaurants, der einzige Dorfladen und selbst die örtliche Ambulanz.

Alles auf den Prüfstand stellen

Zudem sollte man sich vorab informieren, wie es vor Ort um Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken bestellt ist. Und man sollte sich Gedanken machen, ob man bereit ist, noch einmal eine neue Sprache zu lernen. Das ist für die Integration oft wichtig. Manchmal kommt auch noch eine neue Schrift hinzu.

Ganzjährig am Meer zu wohnen klingt reizvoll. Allerdings ist die lokale Infrastuktur im Winter oft schlecht. Foto: Shutterstock

Bevor man alle Zelte in Deutschland abbricht, kann man es erst einmal ohne Immobilienkauf versuchen. Viele Reiseanbieter haben sich längst schon auf Langzeiturlauber eingestellt, die den Winter in wärmeren Gebieten verbringen möchten. So kann man in der Türkei für 1000 Euro pro Monat inklusive Vollpension überwintern. Bungalows auf Ganzjahrescampingplätzen mit günstigen Pauschalen für die Wintermonate gibt es nicht nur in Italien, Spanien oder Kroatien, sondern auch anderswo im Süden.

Probeweise ins Ausland – das empfiehlt auch Helge Burow, der sich damals mit seiner Frau Maja zunächst „ein Jahr auf Probe“ gegeben hatte. In all den Jahren in Split hat er schon einige Deutsche kommen und auch wieder gehen sehen. Burow ist geblieben und hat diesen Schritt nicht bereut.

Finanzen vor dem Umzug regeln

Was in Sachen Steuern, Rente und Krankenversicherung gilt.

  • Steuern: Deutschland hat mit vielen Ländern Abkommen unterzeichnet, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden. Für Rentner mit Wohnsitz im Ausland ist das Finanzamt Neubrandenburg zuständig.
  • Kranken- und Pflegeversicherung: Die Regeln hängen davon ab, in welchem Land der neue Wohnsitz liegt und ob auch von dort Rente bezogen wird. Außerdem ist entscheidend, ob man vorübergehend oder dauerhaft im Ausland lebt.
  • Rente: Bei einem vorübergehenden Umzug ins Ausland oder einem dauerhaften in ein EU- oder EFTA-Land gibt es keine Änderung beim Rentenbezug. Die Überweisung der Rente ist auf ein in- oder ausländisches Konto möglich – eventuell fallen allerdings Wechselgebühren an. Bei einem dauerhaften Umzug in andere Länder sind Einschränkungen beim Rentenbezug sind möglich. Auf jeden Fall sollte man sich bei der Deutschen Rentenversicherung erkunden.

Titelfoto: Adobe Stock

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