Mit 3-D-Druck in die Zukunft

3-D-Druck verändert die Arbeitswelt. Wo sein Einsatz Berufe neu definiert und wie sich Arbeiternehmer darauf vorbereiten können.

Text: Christine Mattauch

Konditor? Eigentlich ein sehr traditioneller Beruf. Nicht jedoch für Benedikt Daschner. Der gelernte Feinbäcker hat sich auf dreidimensionalen Schokodruck spezialisiert. Chocolate3 heißt das Unternehmen in Ismaning nahe München, in dem der 32-Jährige individuelle Werbemittel wie Schriftzüge und Logos produziert. „Das ist eine riesige Diskrepanz zum herkömmlichen Konditoralltag, in dem das digitalste Produkt oft eine Waage ist“, sagt er. Weil die Technologie immer mehr Kollegen interessiert, verkauft er inzwischen auch die Drucker selbst.

In der industrie werden 3-D-Drucker bereits intensiv genutzt, etwa bei der Deutschen Bahn in Dessau.

So ungewöhnlich Daschners Karriere klingt: Der Einsatz von 3-D-Druckern, die verflüssigtes Material schichtweise auftragen und so plastische Gegenstände erzeugen, ist in vielen Berufen selbstverständlich geworden. Ingenieure und Mechaniker arbeiten mit ihnen, Modellbauer, Designer oder Zahntechniker. Die häufigsten Anwendungen mit Kunststoff oder Metall gibt es in der Industrie, wo das Verfahren auch additive Fertigung genannt wird.

Berufe werden bereichert

Anders als Roboter, die Menschen und Arbeitsplätze ersetzen, werden 3-D-Drucker von Experten eher als zusätzliches Werkzeug eingestuft. „Es macht Tätigkeiten vielfältiger und bereichert viele Berufe“, sagt Christoph Müller, Spezialist für digitale Technologien beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Weil 3-D-Druck auf digitalen Bauplänen basiert, ermöglicht er ausgefallene Designs und Unikate und hilft etwa in der Medizin bei der Fertigung von Prothesen. Produktionsprozesse laufen besser, weil Zubehör passgenau über Nacht gedruckt werden kann. Ebenso schnell sind Ersatzteile beschafft, wenn etwas kaputt gegangen ist. Mitarbeiter der Deutschen Bahn etwa drucken Kopfstützen, Mantelhaken oder Laufräder für Lüftungsanlagen.

Was sich auch verändern kann, sind Abläufe. Tischler oder Mechaniker verbringen einen Teil ihrer Arbeitszeit am Bildschirm, statt den ganzen Tag an der Werkbank zu stehen. Schließlich muss ein Werkstück erst designt werden, bevor es gedruckt und nachbearbeitet werden kann.

Beim IAB existiert bereits der Berufscode „3D-Druck-Spezialist“, allerdings ohne formales Anforderungsprofil. Wie häufig bei Innovationen handele es sich um eine „Zufallsqualifikation“, so Experte Müller. Ob jemand mit der Technik in Berührung kommt, hängt oft vom einzelnen Betrieb oder Ausbilder ab. Gleichwohl zeigt die Statistik einen klaren Trend: Zwischen 2012 und 2021 stiegen die Meldungen entsprechend qualifizierter Mitarbeiter in dieser Kategorie um rund 25 Prozent. Bis zu 60.000 Arbeitnehmer waren das, schätzt Müller. Inzwischen dürften es deutlich mehr sein, die mit den Maschinen umgehen können. Seine Prognose: „Der Bereich wird auch künftig wachsen.“ Deshalb kann es für Arbeitnehmer durchaus sinnvoll sein, sich mit der Technik vertraut zu machen und Zusatzqualifikationen zu erwerben.

Mitarbeiter werden zu Tüftlern

So neu und ungeordnet das Berufsbild noch ist: Zertifizierte Weiterbildungen, die auch mit Bildungsgutscheinen gefördert werden, gibt es durchaus, abzurufen etwa über die Kursplattform der Bundesagentur für Arbeit. Erste Hochschulen bieten Bachelorstudiengänge im Fach Additive Fertigung an, etwa in Freiberg, Landshut und Coberg. Relativ unkompliziert ist es, Schulungen zu computergestütztem Design (CAD) zu besuchen, wie sie viele Handwerkskammern anbieten. Das hilft beim Anfertigen der digitalen Baupläne, die den Druckern als Vorlagen dienen.

Der 3-D-Druck macht die Erstellung hochindividueller Teile möglich, wie hier bei der Firma CR-3D.

Zumindest per Youtube-Video sollten sich Arbeitnehmer damit vertraut machen, was die Technik könne, rät Christian Reil: „3-D-Druck ist eines der großen Themen für die Zukunft.“ Vor sieben Jahren gründete der Mechatronik-Ingenieur im bayerischen Cham die Firma CR-3D zur Herstellung von 3-D-Printern, heute beschäftigt er elf Mitarbeiter. Tesla und BMW bestellen ebenso bei ihm wie Zahnlabore oder Fernsehstudios, die mit den Geräten Kulissenteile drucken.

Aus Reils Sicht ist der größte Vorteil der Technologie, dass sie Kreativität freisetze. „Mitarbeiter werden zu Tüftlern, die Ideen einbringen“, sagt er. Je alltäglicher die Technik wird, desto häufiger wird es aber auch Leute geben, die Vorlagen nicht selbst erstellen, sondern lediglich die Drucker bedienen.

Forscher entwickeln den 4-D-Druck

Der Choc Mate ist leistungsstark, aber oft scheitert der Einsatz an den Kosten.

Allerdings hat der Einsatz von 3-D-Druck auch Grenzen. Durch das Schicht-auf-Schicht-Verfahren dauert die Herstellung eines Gegenstands vergleichsweise lang, Massenproduktion lohnt sich daher meist nicht. Nicht alle Materialien können zudem verflüssigt oder verarbeitet werden. Doch die Methode entwickelt sich ständig weiter, „technologisch wird noch einiges passieren“, prognostiziert Experte Müller. In den Vereinigten Staaten forschen Wissenschaftler bereits an sogenannten 4-D-Druck-Prozessen, bei denen die Produkte selbsttätig ihre Form anpassen, wenn sich zum Beispiel die Temperatur verändert. Das Verfahren, das heute noch Zukunftsmusik ist, könnte eines Tages Organtransplantationen erleichtern.

Pionier Daschner arbeitet derweil weiter an der Revolution in der Backstube. Choc Mate heißt der Schokodrucker, den er entwickelt hat. Vielen Konditoren fehle im Alltag jedoch die Zeit, sich mit der Neuheit auseinanderzusetzen, bedauert er. Schließlich geht es nicht nur darum, die Technik zu beherrschen, sondern auch darum, dass sich die Investition rentiert. Schokodruck ist keine Spielerei, ein Choc Mate kostet mehr als 6000 Euro. Was soll hergestellt werden und für wen? Welcher Preis ist angemessen? Wie wird das Produkt verpackt? Daschner: „An solchen Fragen scheitert der Einsatz oft.“

Fotos: PR

 

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